Wien – Die Kanäle, über die Meinungen von Menschen beeinflusst werden, haben sich in den vergangenen Jahren vervielfältigt. Die PR-Branche beklage geringes Vertrauen. In zahlreichen Ländern Europas nehme auch das Vertrauen in die Massenmedien und den Journalismus ab, heißt es im aktuellen "European Communication Monitor 2019" (ECM 2019), für den rund 2.700 Kommunikatoren in 46 Ländern befragt wurden.

Die Kommunikationsprofis spüren derzeit dem Bericht zufolge jedenfalls nur ein geringes Vertrauen in ihre Arbeit. Nach Meinung der PR-Treibenden in Europa vertrauen ihnen 67 Prozent der Top-Führungskräfte – in Österreich sind es 62 Prozent – sowie 47 Prozent (Österreich: 39,7 Prozent) der Influencer und Blogger, 39 Prozent (Österreich: 42,2 Prozent) der Journalisten sowie 28 Prozent (Österreich: 33 Prozent) der Bevölkerung.

Auf der persönlichen Ebene steige der Zuspruch aber, die konkrete Zusammenarbeit sei hier – auch mit Journalisten, Influencern und Bloggern – "mehrheitlich von großem Vertrauen gekennzeichnet". Als groß schätzen die meisten befragten PR-Leute aber das Vertrauen ihrer Kollegen, Vorgesetzten, internen Kunden sowie bei externen Interessengruppen und Zielgruppen ein, mit denen sie "direkt zu tun haben".

Wuschtraum Transparenz

Transparenz als Kommunikationsziel bleibe jedoch oft nur ein Wunschtraum, wird eingeräumt. Die politische Haltung der Führungsmannschaft und interne Prozesse könnten oft nur schwer offengelegt werden. Transparenz sei "die größte Herausforderung der vertrauensbildenden Kommunikation", so die im ECM 2019 befragten PR-Fachleute. Organisationen in Skandinavien, Großbritannien und Irland tun sich damit laut Erhebung leichter als andere europäische Länder – Österreich liegt im Mittelfeld.

Die bei der Bevölkerung glaubwürdigsten Botschafter für ein Unternehmen oder eine Organisation sind nach Einschätzung der europäischen PR-Profis externe Experten (mit 70 Prozent Zustimmung), gefolgt vom Top-Management (67 Prozent) und von externen Unterstützern wie Kunden oder Fans (64 Prozent). Die normalen Mitarbeiter genießen ein ähnliches Maß an Vertrauen in der Öffentlichkeit wie die Kommunikationsexperten (61 Prozent). Deutlich schlechter steigen Marketing- und Vertriebsmitarbeiter aus (43 Prozent). Als relativ gering wird das Vertrauen der breiten Bevölkerung in Aktivisten empfunden, die als Fürsprecher für Organisationen auftreten (32 Prozent).

In Österreich geht die Branche von einem etwas höheren Vertrauen in ihre Arbeit aus (mit 66 Prozent Zustimmung), in Deutschland ist der Wert mit 50 Prozent deutlich geringer. Auch das Vertrauen der Österreicher in Marketing- und Vertriebsmitarbeiter wird mit 47 Prozent als spürbar ausgeprägter eingeschätzt als in Deutschland (32 Prozent).

Verbreitung eigener Inhalte wichtiger geworden

"In Österreich spielen 'Owned Media', also die Kommunikation mittels organisationseigener Kanäle, eine größere Rolle als in den meisten europäischen Ländern", betonte Sabine Einwiller von der Universität Wien, die den ECM in Österreich vertritt. Die Verbreitung eigener Inhalte sei wichtiger geworden als die klassische Multiplikatorenarbeit im Sinne von "Earned Media". "Dieser Trend zur Produktion eigener Kommunikationsinhalte ist in Österreich, aber auch in Deutschland und der Schweiz, stärker ausgeprägt als in den meisten anderen europäischen Ländern." "Paid Media", also bezahlte Kommunikation, spiele die geringste Rolle. "Sponsored Content" wird dem Bericht zufolge mittlerweile von jeder zweiten Organisation in Europa eingesetzt.

PR-Budgets fließen insbesondere in soziale Medien. Europaweit nutzen 53 Prozent aller Kommunikationsabteilungen und Agenturen "Sponsored Content" in "Social Media" wie etwa bezahlte Posts auf Facebook und LinkedIn, in Österreich sind es 50 Prozent, in Deutschland 45 Prozent. Bezahlte Inhalte auf den Websites von Massenmedien, etwa auf den News-Portalen von Zeitungen, werden in Österreich den Angaben zufolge nur von 33 Prozent genutzt, in Deutschland von 23 Prozent und in der Schweiz von 19 Prozent. Fast 17 Prozent der befragten PR-Leute in Europa betätigen sich mittlerweile als "Social-Media-Aktivisten". Sie posten laut ECM-Studie mindestens einmal täglich berufliche Inhalte unter ihrem eigenen Namen und nutzen zwei oder mehr verschiedene Plattformen.

Der European Communication Monitor wird jährlich vom europaweiten Verband der Kommunikations- und PR-Wissenschaftler (European Public Relations Education and Research Association, EUPRERA) sowie vom internationalen Verband der Kommunikationsdirektoren (European Association of Communication Directors, EACD) erstellt. (APA, 3.6.2019)