Vielleicht ist es ein kleiner Trost für die so fürchterlich gefallene Andrea Nahles: Als SPD-Chefin wog sie so schwer, dass sie nun von einem Trio ersetzt werden muss. Aber das ist natürlich nicht das Signal, das die deutschen Sozialdemokraten aussenden wollen.

Vielmehr soll die Berufung der kommissarischen Vorsitzenden Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel zeigen, dass man jetzt zusammensteht und die Probleme gemeinsam löst; dass nicht eine(r) allein den Karren ziehen muss.

Zusammenhalt ist nun ja das große Wort bei der SPD, nicht nur weil dies eine politische Kernforderung der Partei ist, sondern auch, weil viele doch ziemlich erschrocken über den Umgang der Genossinnen und Genossen mit Nahles sind. Man(n) war vielleicht doch ein bisschen zu hart und zu gemein zu ihr, heißt es nun.

Das mag wohl sein, aber dieses Rücktrittsdrama mit dem Verweis, dass man mit Männern so nicht umgeht, auf die "Frauen-Ebene" heben zu wollen, greift doch zu kurz. Nahles selbst war als SPD-Spitzenpolitikerin nicht zimperlich und beherrschte auch das politische Ränkespiel recht gut.

Schadenfreude

Der CDU wollte sie eine "in die Fresse" hauen, Schadenfreude war schlicht und einfach "Bätschi", und aus Ärger über ihre Kandidatur für den Posten des SPD-Generalsekretärs trat der damalige Parteichef Franz Müntefering zurück, Nahles hatte ihren Ruf als "Münte-Meuchlerin" weg.

Dennoch wäre es kein Fehler, in diesen Tagen ein bisschen innezuhalten und den persönlichen Umgang in der Politik im Allgemeinen und in der SPD wie der großen Koalition im Speziellen nachzudenken. Die Groko steht am Scheideweg, es sind schwierige Zeiten zu erwarten.

Noch versichern sich die Spitzen der SPD und der Union ihre Nibelungentreue. Der weltberühmte Satz "Wir schaffen das!" bekommt eine ganz neue Bedeutung. Doch mehr als ein Wunsch ist er nicht; es gibt sowohl bei den Sozialdemokraten als auch bei der Union Fliehkräfte.

Nicht wenige rechnen noch vor Weihnachten mit Neuwahlen, und ein Blick auf den Wahlkalender zeigt, dass dies nicht ins Reich der Fantasie zu verweisen ist: Am 1. September wird in den Ostländern Brandenburg und Sachsen gewählt. Bei der EU-Wahl war da wie dort die AfD stärkste Kraft. Wird sie dies auch bei den Landtagswahlen, könnte es die Groko endgültig zerreißen – wenn sie nach langem Siechtum überhaupt noch so lange hält. (Birgit Baumann, 3.6.2019)