Andreas Reichhardt hielt sich unter blauen und roten Chefs in dem Ministerium, das er nun führt.

Foto: Robert Newald

Als vor eineinhalb Jahren die blauen Minister und ihre Mitarbeiter ihre Kabinette bezogen, war er nur einer von vielen Korporierten: Der 50-jährige Jurist und Alte Herr der schlagenden Verbindung Cimbria, Andreas Reichhardt. Allein in Norbert Hofers Ministerium für Verkehr, Innovation und Technologie saßen fünf – inklusive Hofer sogar sechs – Burschenschafter in wichtigen Positionen.

Nach Ibiza ist die Schmissdichte in den Kabinetten deutlich kleiner geworden. Doch Reichhardt hielt sich nicht nur, er übernimmt interimistisch sogar das Ministerium, in dem er vor kurzem noch Generalsekretär war. Er wurde am Montag als Teil des Kabinetts Bierlein als Verkehrsminister angelobt.

Cimbria zu Wien

"Einer für alle und alle für einen. Darauf kann sich jeder verlassen, so sehr wie auf sich selbst." So erklärt sich die akademische Grenzmannschaft Cimbria zu Wien auf ihrer Homepage selbst. Die schlagende Verbindung zählt laut Eigenangabe 105 Studenten und Akademiker. Einer von ihnen ist der neue Verkehrsminister, der seinen Schmiss unübersehbar im Gesicht trägt. Am Schlagen von Mensuren hält die Cimbria fest, weil dadurch angeblich "Mut und Kameradschaft gefordert und gefördert werden. Niemand zwingt uns zur Mensur, wir wollen sie." Bekannt wurde die Burschenschaft auch, als 2002 ein Mitglied die Kundgebung gegen die Wehrmachtsausstellung am Heldenplatz organisierte.

Im blauen Pool

Reichhardt wurde 1968 in Wien geboren, schloss hier auch sein Studium der Rechtswissenschaften ab und war FPÖ-Bezirksrat in Wien-Landstraße. Schon vor der Zeit bei Ex-Verkehrsminister Hofer war er viele Jahre Teil des blauen Mitarbeiterpools im Parlament. Zuerst als parlamentarischer Wirtschaftsreferent des damaligen FPÖ-Politikers Thomas Prinzhorn und danach, 2003 und 2004, bereits stellvertretender Kabinettschef und Referent im Verkehrsministerium von Hubert Gorbach (FPÖ). In diesen Funktionen war Reichhardts Gesicht einer breiten Öffentlichkeit noch nicht so bekannt, wie das wenige Jahre später der Fall sein sollte.

Nachdem schon 2006 erste Fotos publik wurden, die den ehemaligen FPÖ-Chef als jungen Mann bei neonazistischen Wehrsportübungen zeigen, tauchten 2008 weitere Bilder auf. Auf einem sieht man acht junge Männer in Kampfanzügen unter freiem Himmel bei einem Tisch mit Bänken stehen. Darunter wegen Wiederbetätigung verurteilte bekannte Neonazis und der spätere FPÖ-Chef Strache, damals noch als Heinrich Strache unterwegs. In der ersten der beiden Reihen sitzt mittig Andreas Reichhardt in einer Art Uniformhemd, rechts von ihm Heinz-Christian Strache.

Kein Karriereende durch brisante Fotos

Doch auch die brisanten Fotos konnten der Karriere von Reichhardt nichts anhaben. Er blieb auch im Verkehrsministerium, als es in roter Hand war – nämlich jener von Werner Faymann.

Der frisch angelobte Minister reagierte am Montag erstmals mit einem schriftlichen Statement für den STANDARD auf jene Jugendfotos: "Diese Geschichte ist bereits 30 Jahre her, die Zeiten haben sich geändert. Heutzutage wären solche Geschichten selbstverständlich undenkbar. Ich habe mit Bundespräsident Van der Bellen und Bundeskanzlerin Bierlein einerseits über diese Fotos gesprochen, aber auch darüber, dass ich Mitglied einer Studentenverbindung bin. Beide haben mir versichert, mit weder der einen noch der anderen Sache ein Problem zu haben, und mir ihr Vertrauen ausgesprochen."

Es sei für ihn "eine große Ehre, Teil dieser Expertenregierung, die über Parteigrenzen hinweg anerkannt ist, sein zu dürfen", so Reichhardt. Zu den Fotos fügte er außerdem später am Montagabend hinzu: "Das, was man dort sieht, ist aus heutiger Sicht für mich nicht nur bedauerlich, sondern auch undenkbar." (Colette M. Schmidt, 3.6.2019)