Bleiburg/Wien/Zagreb – ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat der kroatischen Botschafterin Vesna Cvjetkovic am Montag eine Protestnote bezüglich eines diffamierenden Berichts in der aktuellen Ausgabe der kroatischen Zeitschrift "Hrvatski Tjednik" übermittelt. Nach kritischen Berichten über das umstrittene Gedenktreffen in Bleiburg waren darin österreichische und deutsche Journalisten an den Pranger gestellt worden.

Die ORF-Journalistin Tanja Malle und vier weitere Medienvertreterinnen und Medienvertreter seien, "offenbar um sie wegen ihrer journalistischen Berichterstattung zu zeitgeschichtlichen Themen unter Druck zu setzen", in völlig ungerechtfertigter Weise diffamiert und als "Feinde des Kroatentums" dargestellt worden, hieß es am Montag in einer Aussendung des ORF. Bilder der Journalistinnen und Journalisten seien in "steckbriefartiger" Form auf der Titelseite des Magazins veröffentlicht worden. Diffamierungen in sozialen Netzwerken und Drohungen waren die Folge, wie der ORF mitteilte.

"Gefährliche Bedrohung"

"Diesen öffentlichen Einschüchterungsversuch weise ich auf das Schärfste zurück" betonte Wrabetz. "Die mediale Kampagne werte ich als gefährliche Bedrohung unserer Journalistin und damit als einen Angriff auf die journalistische Freiheit. Dieser Attacke werden wir gemeinsam mit den anderen betroffenen Medien entgegentreten!" Die Protestnote werde auch Außenminister Alexander Schallenberg zur Kenntnis gebracht, "mit dem Ersuchen um Unterstützung", wie es hieß.

Die Vorgangsweise von "Hrvatski Tjednik" war am vergangenen Donnerstag auch von Reporter ohne Grenzen (ROG) kritisiert worden. Einschüchterung von Journalisten sei "immer ein Versuch, unabhängige Berichterstattung verstummen zu lassen. Das ist in einer Demokratie nicht hinnehmbar", erklärte die Präsidentin von ROG Österreich, Rubina Möhring. Auch ROG wollte ein Schreiben an die kroatischen Botschaft in Wien schicken und Protest einlegen. "Wenn Journalisten eingeschüchtert werden sollen, sind wir alle das Ziel", so Möhring.

Das kroatische Blatt bildete nach Angaben von ROG die fünf Journalisten des ORF-Radiosenders Ö1, der "Deutschen Welle", der "Welt", der "Frankfurter Rundschau" sowie STANDARD-Redakteurin Olivera Stajić auf der Titelseite ab und bezeichnete sie als "jungkommunistische Internationale, die das Gedenken in Bleiburg nicht verhindern konnte". Das EU-Mitglied Kroatien befindet sich auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen auf Rang 64 von 180, Österreich auf Rang 16.

Das alljährliche Kroatentreffen auf dem Loibacher Feld in Bleiburg (Bezirk Völkermarkt) ist umstritten. Offizieller Anlass der Gedenkfeier ist die Ermordung Tausender Ustascha-Soldaten nach der Kapitulation der Nationalsozialisten 1945. Das Gedenken gilt jedoch auch als Treffpunkt von Kroaten, die den faschistischen Vasallenstaat Hitler-Deutschlands im Zweiten Weltkrieg verklären. Rund 40.000 geflüchtete Soldaten, die aufseiten Deutschlands gekämpft hatten, wurden in Bleiburg mit ihren Familienangehörigen von der britischen Besatzungsmacht an die kommunistischen Einheiten Titos ausgeliefert. Tausende verloren in der Folge gewaltsam ihr Leben. (APA, 3.6.2019)