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Der Markt rund um Kinderfüße ist hart umkämpft. Sneakers hängen Lederschuhe ab.

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Der Kinderschuhmarkt gerät hinter den Kulissen kräftig in Bewegung. Der Anstoß dazu kommt aus Österreich. Richter Schuhe, ein Traditionsbetrieb aus Pasching, stellt sich nach wachsenden Verlusten auf neue Beine. Sei 13 Jahren steckt das Unternehmen in den roten Zahlen. Nun zog sich Alf Netek nach 18 Jahren im Geschäft aus der Führung zurück. Seit wenigen Wochen geben Thomas Ridder und Josef Renner den Schritt vor. Wesentliche Veränderungen bahnen sich dem Vernehmen nach auch auf Eigentümerseite an, erfuhr der STANDARD.

Ridder führte jahrelang die Geschäfte von Leder & Schuh, ehe er 2006 im Streit aus dem Handelskonzern schied. Er arbeitete kurzzeitig im Führungsteam von Peek & Cloppenburg, wechselte zu Reno und engagierte sich als Berater für Firmentransaktionen. Renner leitete für die Grazer Schuhgruppe Legero die Kindermarke Superfit. Ziel der beiden ist es, Richter Schuhe zu sanieren und für den Fachhandel fit zu machen.

Der Betrieb blickt auf eine Geschichte von 126 Jahren zurück. Seit 2005 sammelten sich jedoch laut Bilanz Verluste von in Summe mehr als 22 Millionen Euro an.

Richter Schuhe steht seit Jahren im Besitz der Industriellenfamilie Kapsch – wobei derzeit 75 Prozent der Anteile gemäß Firmenbuch in Neteks Hand sind. Branchenkennern zufolge bleibt Kapsch investiert. Der zweite große Eigentümer soll künftig aber Ridder werden.

In die Hände "zweier Profis"

Ridder selbst war für eine Stellungnahme vorerst nicht erreichbar. Netek zeigt sich zufrieden darüber, die Geschäftsführung in die Hände "zweier Profis" gegeben zu haben. "Es ist sicher Zeit für einen neuen Blick, neue Wege und eine neue Mannschaft." Seine Anteile stünden aber, wie er auf Anfrage versichert, nicht zur Diskussion. "Gerüchte gibt es in unserer Branche immer viele. Ich bin nach wie vor Miteigentümer."

Die Zeiten für Kinderschuhhersteller seien jedenfalls schwierig, resümiert Netek. "Wir waren nicht immer erfolgreich, das muss man offen sagen. Einiges ist uns sicher geglückt, manches aber nicht."

Eltern seien seltener dazu bereit, sich gute Kinderschuhe mehr kosten zu lassen. Dazu komme eine Witterung, die saisonale Schuhe nicht unbedingt erzwinge. Die größte Konkurrenz für reine Kinderschuhanbieter sei der Markendruck durch Sneakers und Sportschuhe. Ihr nur geringer Lederanteil mache diese in der Produktion zudem auch noch ungleich günstiger. So mancher Sportschuh koste in China ab Fabrik acht Dollar, um dann um 220 Euro im Regal zu liegen, rechnet Netek vor. Kinderschuhe wie Richter verließen das Werk hingegen um gut 14 Dollar.

Produktion in der Slowakei

Das oberösterreichische Familienunternehmen zählt hinter Superfit und neben Ricosta und Primigi zu den vier großen Kinderschuhherstellern im deutschsprachigen Raum wie in Oberitalien. Die Marke Elefanten verleibte sich vor 14 Jahren der deutsche Handelsdiskonter Deichmann ein.

Richter beschäftigt hierzulande knapp 30 Mitarbeiter. Produziert werden täglich 2000 Paar Schuhe mit 200 Mitarbeitern im eigenen Werk in Partizánske in der Slowakei. In Bosnien fertigt ein Partnerunternehmen mit 300 Beschäftigten für die Paschinger. Die überwiegende Mehrheit des Umsatzes in Höhe von 17 Millionen Euro wird im Ausland erzielt. Richter ist etwa in Ungarn breit mit der Marke Siesta vertreten. Wie es mit dem günstigen deutschen Schuhlabel Jela weitergeht, ist offen.

Von Russland bis Australien

Wie aus dem jüngsten Lagebericht der Bilanz hervorgeht, ist ein weiteres Restrukturierungspaket erforderlich. Der Vertrieb in zwischenzeitlich weltweit gut 18 Ländern von Russland bis Australien soll auf ausgewählte Exportmärkte konzentriert werden.

2005 rutschte eine Dachgesellschaft von Richter in Konkurs. Netek, der damals von Betrügereien sprach, in die man rund um ein erworbenes französisches Unternehmen gestolpert sei, gelang es, den Betrieb weiterzuführen. (Verena Kainrath, 4.6.2019)