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Premierminister Justin Trudeau wurde am Montag in Gatineau der Bericht überreicht, der Völkermord an der indigenen weiblichen Bevölkerung anprangert.

Foto: REUTERS/Chris Wattie

Ottawa – Kanadische Behörden haben nach Einschätzung eines Untersuchungsberichts in den vergangenen Jahrzehnten den Tod und das Verschwinden von tausenden Ureinwohnerinnen im Land vorsätzlich ignoriert und sich damit an einem Völkermord beteiligt.

Zu diesem Ergebnis kommt der über mehr als drei Jahre erstellte und rund 1.200 Seiten lange Bericht, den die Untersuchungskommission am Montag in Gatineau nahe der Hauptstadt Ottawa Premierminister Justin Trudeau überreichte. Die Kommission hatte mehr als 2.300 Zeuginnen und Zeugen für den Bericht befragt.

Vorsätzlicher Völkermord

"Das ist Völkermord", sagte die Chefin der Untersuchungskommission, Marion Buller. Der Bericht handle von "den systemischen Faktoren, die dazu geführt haben, dass die Ureinwohnerinnen ihre Würde, ihre Menschlichkeit und in zu vielen Fällen auch ihr Leben verloren haben", fügte sie hinzu. "Dieser Bericht handelt von vorsätzlichem Völkermord in Hinblick auf Rasse, Identität und Geschlecht."

Der Bericht zitiert Studien, wonach die Wahrscheinlichkeit in Kanada zu verschwinden oder ermordet zu werden bei indigenen Frauen zwölf mal höher liegt als bei anderen Frauen. An den hohen Raten von Gewalt, Tod und Selbstmord bei der indigenen Bevölkerung, vor allem bei Frauen, trügen die kanadischen Behörden mit Schuld, heißt es in dem Bericht. Er präsentiert 231 Änderungsvorschläge, darunter eine bessere Vertretung der indigenen Bevölkerung in Regierung und Verwaltung sowie Unterricht in der Geschichte der indigenen Bevölkerung.

Indigene "im Stich gelassen"

"Das ist ein unangenehmer Tag für Kanada. Aber ein notwendiger," sagte Premier Trudeau am Montag, nachdem ihm der Bericht überreicht worden war. "An die vermissten und ermordeten indigenen Frauen und Mädchen Kanadas, an deren Familie und an Überlebende: Wir haben euch im Stich gelassen."

Trudeau hat die Versöhnung mit indigenen Gemeinschaften zu einem der Schwerpunkte seiner liberalen Regierung gemacht. Die Untersuchung war in Auftrag gegeben worden, nachdem die Ermordung einer 15-Jährigen und der Freispruch des Hauptangeklagten öffentliche Empörung ausgelöst hatten. (APA, red, 3.6.2019)