Sieht so aus, als hätte die Kostümbildnerin mit Maynard James Keenan eine Rechnung offen gehabt.

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Angeblich ist es bald soweit. Nachdem die US-Band Tool seit 13 Jahren kein neues Album veröffentlicht hat, soll es Ende August endlich doch dazu kommen. Rechtsstreitigkeiten haben das Werk bisher verhindert, die Formation aus dem weiten Feld des Alternative Metal würgt die Zeit bis dahin mit Auftritten, die Sommer- und Festivalsaison ist im Rockzirkus schließlich die Zeit der großen Ernte. Am heutigen Mittwoch holen sie jene aus der Wiener Stadthalle ein.

Tool tauchten in den frühen 1990ern auf. Damals reüssierten härtere Bands wie Soundgarden mit einem aus dem Hardrock übernommenen Sound. Allerdings befreiten sie ihn von der Schwerfälligkeit, die ihm seinen Dinosaurier-Ruf eingetragen hatte.

Für die aus Los Angeles kommenden Tool galt es zudem, das Hair-Metal-Stigma zu durchbrechen, mit dem ihre Heimat jahrelang geschlagen war: Reizwort Mötley Crüe – oder die ähnlich müden Guns N‘ Roses.

Parabola von Tool.
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Tool standen biografisch mit einem Bein im Alternative Bereich, was sie nicht vor einer gewissen Schwerfälligkeit bewahrte. Andererseits übernahmen sie progressive Ansätze von Bands wie Helmet oder den befreundeten Melvins und überführten diese ab Mitte der 1990er-Jahre ins welteroberungstaugliche Stadionrockformat.

Dort ergehen Tool sich gerne in zähen Hochofenopern, die nicht selten die Zehnminuten-Grenze streifen, was live stellenweise etwas von einem Satz Bankdrücken hat, der nicht und nicht zu Ende geht: Eine Toolsetlist passt im Normalfall auf eine Briefmarke.

Damit füllen Maynard James Keenan und seine Mannen natürlich längst selbst jede Dinosaurierschablone bis über den Rand aus, wenngleich sie ob ihrer Prog-Rock-Nähe dem Verdacht der höheren Intelligenz ausgesetzt sind. Und, zugegeben, in milden Momenten kann man sich einem Song wie Parabola natürlich schon ergeben.

Für die Fangemeinde ein Kirchgang. (Karl Fluch, 4.6.2019)