5G soll die Mobilfunkkommunikation sicherer machen. Das gefällt Strafverfolgern aber nicht.

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Mobilfunktechnologien mögen für vieles bekannt sein, für eines bisher aber nicht: ihre Sicherheit. In den vergangenen Jahren wurden von Experten mit (un)schöner Regelmäßigkeit grundlegende Defizite in den etablierten Standards aufgezeigt. Das soll mit einer neuen Generation nun geändert werden: 5G verspricht substanzielle Sicherheitsverbesserungen. Zumindest bisher, werden doch nun zunehmend Stimmen laut, die sich an genau diesen Fortschritten stoßen.

Schwächer machen

Die deutschen Landes-Justizminister wollen sich für eine Schwächung des 5G-Standards starkmachen, berichtet der "Spiegel". Noch am Mittwoch soll eine entsprechende Beschlussvorlage im Rahmen der Frühjahrskonferenz der Justizminister der deutschen Bundesländer abgesegnet werden. Damit folgt man den Wünschen von Strafverfolgern, über die orf.at bereits vor einigen Wochen berichtet hat. Die Argumentation geht dabei in eine klare Richtung: 5G würde die Überwachungsmöglichkeiten massiv einschränken.

Kritikpunkte

Einer der zentralen Kritikpunkte der Strafverfolger: Im Gegensatz zu bisherigen Mobilfunktechnologien werden bei 5G Gespräche nun von Haus aus Ende-zu-Ende verschlüsselt übertragen. Dadurch sei ein Einblick von Polizei und Geheimdiensten an dieser Stelle nicht mehr möglich. Eine ähnliche Kritik war bereits Ende des Jahres vom Hamburger Verfassungsschutzchef Torsten Voß zu hören.

Wirklich überraschend kommt die Kritik aus dieser Richtung ebenfalls nicht, immerhin beklagen Geheimdienste schon seit Jahren, dass sie durch Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zunehmend den Einblick in Messenger-Kommunikationen verlieren. Dem halten Datenschützer entgegen, dass Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nur die massenhafte Überwachung verhindert, gezielt könnten einzelne Nutzer auch auf anderen Wegen ausspioniert werden.

IMSI Catcher

Doch es gibt noch einen weiteren Kritikpunkt: Mit 5G funktionieren nämlich die sogenannten IMSI-Catcher nicht mehr. Bei solchen Geräten handelt es sich um falsche Basisstationen für Mobilfunknetzwerke, die sich grundlegender Sicherheitsdefizite bedienen. So prüfen Mobiltelefone bisher nicht, ob der Mobilfunksender, mit dem sie verbunden sind, auch wirklich dem jeweiligen Netzbetreiber gehört, stattdessen verbindet sich ein solches Gerät schlicht mit dem stärksten Sender in der Nähe. Ein IMSI-Catcher kann dadurch sämtliche Mobilfunkverbindungen in einem gewissen Umfeld auf sich ziehen und flächendeckend überwachen. Strafverfolger argumentieren damit, dass dies ein essenzielles Tool sei, um etwa aufzudecken, wenn jemand mehrere unterschiedliche Mobiltelefone einsetzt. In der Praxis wurden IMSI-Catcher aber auch immer wieder eingesetzt, um flächendeckend Teilnehmer von Demonstrationen zu überwachen, was wiederum immer wieder für Kritik sorgte.

Da bei 5G sich die Mobilfunksender nun gegenüber dem Telefon zu erkennen geben müssen, funktioniert dieser Trick nicht mehr.

Network Slicing

Der dritte große Kritikpunkt an 5G ist sehr grundlegender Natur: Schon dessen Aufbau würde das Abhören von Verbindungen generell erschweren. Dies liege einerseits daran, dass hier Endgeräte zum Teil direkt miteinander kommunizieren können – also ganz ohne den Umweg über einen zentralen Server des Providers. Genau hier setzen Behörden aktuell aber oft mit ihrer Überwachung an. Zudem erschwere auch das Network Slicing, mit dem ein Netz in viele virtuelle Netze, die dann an andere Provider vermietet werden können, aufgeteilt wird, den Zugriff auf die Nutzerkommunikation. Bisher reichte es für die Strafverfolger, zum eigentlichen Netzwerkbetreiber zu gehen, um auch gleich Zugriff auf die Daten der verschiedenen MVNOs, also der als Untermieter agierenden Provider, zu bekommen. In Zukunft müsste man sich hingegen mit diesen direkt auseinandersetzen, hätte also erheblich mehr Ansprechstellen – und diese wohl zum Teil auch in anderen Ländern.

Ironie

Die Forderungen der Justizminister und Strafverfolger entbehren angesichts anderer aktueller Diskussionen nicht einer gewissen Ironie. Immerhin wird gerade eifrig über vermeintliche Gefahren durch die Nutzung der Mobilfunkhardware von Huawei diskutiert. So mancher Provider hat – nicht zuletzt aufgrund des Drucks der USA – mittlerweile Abstand von der Nutzung der Hardware des chinesischen Herstellers für den Aufbau von 5G-Netzen genommen. Dabei wird gern auf Sicherheitsbedenken verwiesen. Eine Sicherheit, die man nun aber an anderer Stelle gern selbst unterwandern will – und zwar so, dass auch andere Geheimdienste und Staaten davon profitieren würden. (apo, 5.6.2019)