Karin Pollack beschäftigt sich von Berufs wegen mit Gesundheit. Was sie sie selbst ausprobiert, erzählt sie hier.

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Doris Kemptner (34) ist Yogalehrerin und bietet Anti-Ageing Stunden in den Fitnessstudios von John Harris an. Sie baut ihre schamanischen Erfahrungen ein.

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Am Vormittag sind Fitnessstudios Oasen der Ruhe. Nur wenige trainieren, es ist kühl, die Garderoben sind leer: so ganz anders wie draußen, wo die Sonne brennt, sich die Autos stauen und irgendwo immer der Stress lauert.

Insgesamt 13 Frauen und ein Mann haben sich im Studio 2 eingefunden. Zum Anti-Aging-Yoga bei Doris Kemptner, die diese Stunde bei John Harris ganz neu anbietet. Für sie ist der Kampf gegen die Zeichen der Zeit noch überhaupt kein Thema, für alle Anwesenden hingegen schon. "Na, früher, da hab' ich alles gekonnt, auch das Rad und so, aber jetzt tun mir einfach die Handgelenke zu weh. Geht halt nimmer", sagt eine der Teilnehmerinnen zu einer anderen mit einem Anflug von Resignation in der Stimme. "Bei mir auch. Mit meinem L5/L6 kann ich halt einfach nicht mehr", antwortet ihre Bekannte. "Misery loves company", würden die Briten sagen.

Gute Laune verbreiten

Beim Anti-Aging-Yoga sind altersbedingte Zipperlein aber kein Thema. Das wissen alle hier im Raum. Die Yogalehrerin Doris Kemptner lässt ab der ersten Minute keinen Zweifel daran, dass es in den kommenden 75 Minuten ihrer Stunde nur um das Wohlfühlen geht. Sie ist strahlend und bester Laune, hat Duftsprays mitgebracht und sagt ihre Übungen zu sanft-beruhigender Musik an. Das Programm hat sie selbst zusammengestellt.

Als Ex-Miss-Wien und studierte Ernährungswissenschafterin hat sie sich ihr Wissen zum größten Teil in Thailand erworben ("Ich habe meine Bachelorarbeit über Yoga als Lebensphilosophie geschrieben"), ist viel um die Welt gereist und hat eine Reihe von schamanischen Erlebnissen im peruanischen Regenwald hinter sich. "Ich mische, was ich in den letzten fünf Jahren gelernt habe", sagt sie mit leicht oberösterreichischem Akzent, da habe sie keine Berührungsängste, "denn im Yoga ist alles mit allem verbunden."

Und dann geht es auch tatsächlich los. Doris wird die Stunde dem Herzen widmen. "Das Organ, das uns glücklich macht, in dem aber auch viele Verletzungen gespeichert sind", sagt sie und bittet die Gruppe, beide Hände aufs Herz zu legen. Dann erklärt sie, dass jedes Organ in der taoistischen Tradition auch einen Laut hat und man über das Aussprechen desselben seine Organe positiv beeinflussen kann. "Das Herz sagt hawww, und bitte das W lange halten", sagt sie nun zur ihrer Gruppe. Es seien die Schwingungen des W, die sich positiv aufs Herz auswirken. Und ja, es ist auch sehr angenehm.

Schulterstand können

Im Anti-Aging-Yoga werden die Positionen lange gehalten. Doris ist aufmerksam, bessert aus und sagt so schöne Sätze wie: "Stellt euch vor, euer Herz ist ein Rose und blüht auf." Sie mobilisiert Schultern, öffnet Hüften und lobt alle im Raum mehrmals und ausführlich. Dazwischen sagt sie auch Sätze wie: "Das wahre Alter zeigt sich in der Mobilität der Wirbelsäule" – und erntet ein Lachen bei denen, die sich damit gerade ein bisschen schwer tun, in der Stellung, die sich Pflug nennt.

Der Schulterstand ist für Doris Kemptner die effektivste Anti-Aging-Übung. Die Schilddrüse am Hals wird zusammengepresst. Das fördert die Hormonbildung.

"Die beste Anti-Aging-Übung ist der Schulterstand", verkündet Doris gerade, und die Yogini neben mir sagt mit schwarzem Humor: "Ja, eh, aber wenn da bei mir nur nicht so viel Speck auf den Hüften wäre, tät ich mir leichter." Und irgendwie entsteht im Raum eine Art Gruppengefühl von wegen: "Wir sitzen alle im selben Boot, und das Altwerden gehört halt da einfach dazu."

Nach dem Schulterstand kommt die Übung "Fisch". Man schiebt seine Hände unter den Po und wölbt die Brust so, dass nur noch die Krone des Kopfes am Boden liegt.

Der "Fisch": eine Stellung, die ganz sicher gegen Doppelkinn wirkt.

Und Achtung, jetzt spüre ich das Anti-Aging: Wer sein Doppelkinn los werden will, sollte wahrscheinlich öfter so liegen und sich von Doris zu sanften Bewegungen anleiten lassen. Denn klar ist, den Text, den man von ihr bekommt, kriegt man sonst eher nicht. Sich anhören, was Organe zu sagen haben, wie man die Verdauung ankurbelt oder das Nervensystem zur Ruhe bringt: Von echten Ärzten wird man solche Tipps wahrscheinlich eher nicht zu hören bekommen.

Schamanischer Nebel

Ist das alles nicht auch ein bisschen esoterisch? "In Österreich ist der Begriff leider sehr negativ belastet, aber ich denke schon, dass viele Dinge zusammenhängen und es Kulturen gibt, in denen Mensch und Natur noch mehr verbunden sind", sagt Doris ganz selbstbewusst. Ihre Anti-Aging-Yogastunde ist jedenfalls sehr angenehm, keinesfalls artistisch oder schweißtreibend.

Doris Kemptner im Pflug. "Nur die Speckrollen stören ein bisschen bei mir", sagt eine Teilnehmerin ihres Kurses.
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Und wenn man zum Abschluss dann in Sawasana liegt, also alle Viere von sich streckt, kommt Doris mit einem Duftspray vorbei und nebelt einen mit Ylang-Ylang ein. Das sei der Duft des Herzens, sagt sie. "Und in die nächste Stunde, da kommt ein Schamane aus Peru", kündigt sie am Ende an. Das wird für viele im John Harris eine neue Erfahrung sein. Öfter mal etwas Neues machen und aus gewohnten Bahnen ausbrechen: Auch das soll ja eine Anti-Aging-Wirkung haben. (Karin Pollack, 9.6.2019)