Lärmschutzwände sind ein passendes Mittel, um Anrainer stark befahrener Straßen vor Verkehrslärm zu schützen. Mehrere Faktoren entscheiden darüber, wie wirksam sie tatsächlich sind.

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Lärm ist nicht nur unangenehm, sondern kann auch eine ernsthafte Bedrohung der Gesundheit darstellen. In erster Linie natürlich für das Gehör, doch die Risiken beschränken sich keineswegs darauf. So entdeckten Kardiologen der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz einen Zusammenhang zwischen erhöhten Lärmpegeln und dem verstärkten Auftreten von Herzvorhofflimmern. Bereits zuvor konnten sie in mehreren Studien zeigen, dass Lärm die Wahrscheinlichkeit für Gefäßerkrankungen ansteigen lässt. Forscher des Barcelona Institute for Global Health veröffentlichten kürzlich eine Studie, der zufolge Menschen, die lange Zeit starker Lärmbelastung ausgesetzt sind, ein deutlich höheres Risiko haben, an Fettleibigkeit zu erkranken. Interessant dabei: Der Effekt konnte nur bei Straßenverkehrslärm nachgewiesen werden, nicht aber bei durch Schienenfahrzeuge oder Flugzeuge verursachtem Lärm.

Hohlräume in den Fahrbahndecken

Wie man sich vor Straßenlärm schützen kann, erforscht das Austrian Institute of Technology (AIT). Bei niedrigen Geschwindigkeiten bis circa 50 km/h ist in erster Linie das Motorgeräusch zu hören. Bei höheren Geschwindigkeiten dominiert hingegen das Rollgeräusch, das durch die Reibung zwischen Fahrbahn und Reifen entsteht. Durch eine Optimierung der Fahrbahnoberfläche lässt sich der dabei entstehende Lärm reduzieren.

"Aus akustischer Sicht sind Fahrbahndecken mit einem hohen Anteil an Hohlräumen vorteilhaft für den Lärmschutz", erklärt Martin Czuka, Junior Research Engineer am Center for Mobility Systems des AIT. Denn das Rollgeräusch wird dabei nicht komplett von der Fahrbahnoberfläche reflektiert, sondern dringt zum Teil in die Hohlräume ein. Dort wird es durch Reibung in Wärme umgewandelt.

Auf einem ähnlichen Prinzip basiert ein vielbeachtetes Verfahren, das sogenannte "Grinding". Dabei wird mittels Diamantschleifscheiben eine bestimmte Struktur in Betonoberflächen eingeschliffen. Ursprünglich wurde Grinding zur Verbesserung der Griffigkeit entwickelt. Man stellte aber fest, dass die geschliffene Oberflächentextur auch zur Lärmreduktion beiträgt.

Griffigkeit und Rollwiderstand

Lärm ist jedoch nur einer von mehreren relevanten Faktoren im Straßenbau. "Es geht immer auch um Griffigkeit oder Rollwiderstand und nicht zuletzt um die Langlebigkeit", nennt Czuka die Anforderungen von Infrastrukturbetreibern. Vor allem Belastungen durch den Schwerverkehr sorgen dafür, dass Fahrbahndecken mit Hohlräumen im Lauf der Zeit plattgedrückt werden und so ihre lärmmindernde Wirkung verlieren. Die genauen Mechanismen dieses Verschleißprozesses sind jedoch nicht bekannt: "Es gibt zwar viele Konzepte, wie man lärmarme Fahrbahnoberflächen gestalten kann, aber noch wenig Erfahrung mit ihrer Beständigkeit", so Czuka.

Im Rahmen des von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) geförderten Projekts Adura (Akustische Dauerhaftigkeit lärmmindernder dichter oder semi-dichter Asphaltdeckschichten) untersuchen AIT-Forscher deshalb die Lebensdauer poröser Fahrbahnoberflächen. Dazu lassen sie Asphaltplatten im Labor künstlich altern und messen Textur sowie Rollgeräusche. Daraus sollen in der Folge Schlussfolgerungen gezogen werden, welche Fahrbahntypen nicht nur unter akustischen, sondern auch unter ökonomischen Gesichtspunkten sinnvoll sind.

Neben einer Optimierung der Fahrbahn sind auch Lärmschutzwände ein probates Mittel, Anrainer stark befahrener Straßen ihren Alltag erträglicher zu machen. Beim Prüfen von Lärmschutzwänden sind drei Eigenschaften relevant: der Schalldurchgang (wie viel Schall auf der anderen Seite der Wand ankommt), die Schallbeugung (wie viel Schall über die Oberkante der Wand gebeugt wird) und die Schallreflexion (wie viel Schall von der Wand in die Umgebung reflektiert wird).

Schallmessungen vor Ort

Das AIT hat an der Entwicklung von Messverfahren mitgearbeitet, die in die maßgeblichen europaweiten Standards für Lärmschutzwände eingeflossen sind. Insbesondere konnte ein Messverfahren eingeführt werden, das sich vor Ort, also beispielsweise direkt auf der Autobahn, durchführen lässt. Das ermöglicht Betreibern wie der Asfinag oder der ÖBB, Lärmschutzwände im laufenden Betrieb zu prüfen. "Das ist eine wesentliche Weiterentwicklung, denn früher konnten solche Prüfungen nur im Labor durchgeführt werden", betont Czuka. Bei der Prüfung sendet eine Schallquelle ein akustisches Signal direkt an die Wand. Weil dieses Signal eine ganz bestimmte Zusammensetzung hat, lassen sich Hintergrundgeräusche, beispielsweise durch den Verkehr, einfach herausrechnen. Übrigens: Wer die Lärmbelastung für einen bestimmten Ort erfahren möchte, findet auf der Webseite www.laerminfo.at interaktive Lärmkarten mit Durchschnittspegeln für ganz Österreich. (Raimund Lang, 7.6.2019)