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Achtelfinale 1989: Chang schlägt Lendl, wenig später wird er seinen einzigen Grand-Slam-Titel erobern.

Foto: Lionel Cironneau / AP / pictured

Das Wiedersehen am Ort ihres legendären Duells fiel heuer aus. Begegnet sind Michael Chang und Ivan Lendl einander zum 30-Jahr-Jubiläum ihres denkwürdigen Duells bei den French Open nicht. Während Chang am Dienstag in der Trainerbox verfolgte, wie sein Schützling Kei Nishikori von Rafael Nadal abserviert wurde, begleitet Lendl, Coach des deutschen Viertelfinalisten Alexander Zverev, das Geschehen derzeit nur aus der Ferne. In aller Munde sind die beiden Protagonisten von damals trotzdem.

Legende

Am 5. Juni 1989 spielten Chang und Lendl im Achtelfinale von Roland Garros eines der spektakulärsten Matches der Tennishistorie. Die Rollen waren im Vorfeld klar verteilt: Chang, der 17 Jahre alte Nobody taiwanischer Abstammung aus den USA, war der David. Lendl, zu diesem Zeitpunkt bereits siebenmaliger Grand-Slam-Sieger, Weltranglistenerster und Gewinner von fünf der ersten sieben Turniere des Jahres, natürlich der Goliath. Was folgte, war eine in ihrer Dramaturgie einmalige Begegnung der beiden nicht nur körperlich grundverschiedenen Spieler.

Lendl, der kühle Analytiker, "Ivan, der Schreckliche", der seine Gegner mit nüchterner Konsequenz zermürbte, gewann relativ mühelos die ersten beiden Sätze. Doch als sich bereits alle auf einen klaren Favoritensieg einstellten, grub sich Chang, das kleine Kraftpaket mit den muskulösen Oberschenkeln, plötzlich so richtig rein in die Partie.

Service von unten

"Es war das verrückteste Spiel überhaupt der French Open", hat John McEnroe, der Chang bei dessen Debüt ein Jahr zuvor noch eine Lehrstunde erteilt hatte, jüngst in Paris gesagt. Denn: Chang griff bei seiner Aufholjagd zu überaus ungewöhnlichen Mitteln. Er spielte wunderbare "Mondbälle", die in hohem Bogen über das Netz flogen, um dadurch Lendls Rhythmus zu brechen. Und im fünften Satz, kurz nachdem er von Krämpfen geschüttelt bereits aufgeben wollte, servierte der Teenager plötzlich von unten.

Fredrik Hagen

"Ich wusste, dass ich etwas anders machen musste", erinnert sich Chang an den Moment, der die endgültige Wende einleitete. "Von da an", sagte er nun in Paris, "war es endgültig eine mentale Schlacht." Die geschnibbelte Angabe, ein Schlag wie aus dem Kindertennis, erwischte Lendl auf dem falschen Fuß – er verlor erst den Punkt, dann die Nerven und letztlich das Match. Chang hingegen gewann drei Runden später mit einem weit weniger spektakulären Finalsieg gegen Stefan Edberg das Turnier, bis heute ist er mit seinen damals 17 Jahren und 109 Tagen der jüngste Major-Sieger der Geschichte.

Das Erbe der Partie geht allerdings weit über diesen Rekord hinaus, denn der Aufschlag von unten erhitzt derzeit wieder die Gemüter. Nick Kyrgios, passionierter Rüpel aus Australien, griff heuer wiederholt zu der bei vielen verpönten Variante. Und der Kasache Aleksander Bublik servierte im Zweitrundenmatch gegen Dominic Thiem mehrfach von unten, mit Erfolg. Vom französischen Publikum gab es dafür Pfiffe. Michael Chang ist damals, vor 30 Jahren, von den Zusehern für seinen Streich bejubelt worden.

Showdown

Garantiert gejubelt wird am Freitag in Paris. Rafael Nadal und Roger Federer sind Publikumslieblinge, doch nur einer der beiden kann ins Finale kommen. Der Spanier Nadal ist Favorit, er geht auf den zwölften French-Open-Titel los. Der Schweizer Federer, der Nadal viermal im Endspiel unterlag, hat einmal in Paris gewonnen, das ist zehn Jahre her, da schlug er im Finale den Schweden Robin Söderling. (sid, red, 5.6.2019)