Zum Inkrafttreten des neuen Urheberrechts hat der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger das Vorhaben gegen breite Kritik verteidigt. "Es wird sich im Markt erweisen, dass dies faire Regeln sind", sagte der Christdemokrat der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Oettinger selbst hatte 2016 als Digitalkommissar den Vorschlag für die Reform vorgelegt.

Zwei-Jahres-Frist

Die neuen Regeln gelten seit Donnerstag offiziell. Von nun an haben die EU-Staaten zwei Jahre Zeit, die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. Vorangegangen war heftiger Protest, vorwiegend von jungen Menschen. Zeitgleich zur wachsenden Fridays-for-Future-Bewegung formierte sich vor allem gegen Artikel 13 (im endgültigen Text Artikel 17) und die sogenannten Uploadfilter großer Widerstand. Dabei handelt es sich um Programme, die geschützte Inhalte schon beim Hochladen erkennen und aussortieren. Vor der entscheidenden Abstimmung des Europaparlaments gingen im März Tausende Menschen in zahlreichen EU-Staaten gegen das Vorhaben auf die Straße, auch in Österreich.

Unterschätzt habe man das Ausmaß des Protests jedoch nicht, sagte Oettinger. "Das war absehbar." Man habe früh gemerkt, dass unterschiedliche Interessen im Raum stehen. "Wir haben das gründlich abgewogen." Er sei überall auf Kritik eingegangen und habe seine Argumente vorgebracht, sagte der heutige EU-Budgetkommissar.

Leistungsschutzrecht

Die Copyright-Reform soll das veraltete Urheberrecht ans digitale Zeitalter anpassen und Urhebern für ihre Inhalte im Netz eine bessere Vergütung sichern. Zudem sieht das Vorhaben, das auch von österreichischen Medienunternehmen wie der Austria Presse Agentur unterstützt wird, ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage vor. Kritiker fürchten, dass Plattformen wie Youtube – aber auch kleinere Anbieter – Uploadfilter einsetzen müssen, weil sie künftig mehr Pflichten beim Urheberschutz haben. Letztlich könne dadurch deutlich mehr als nötig blockiert werden.

In Deutschland hatte das Thema Urheberrecht auch den Europawahlkampf beeinflusst. CDU- und SPD-Spitzenpolitiker kamen unter massiven Druck unter anderem von Youtube-Stars. Während die beiden Regierungsparteien auf historische Tiefstände absackten, konnten etwa die Grünen zulegen und wurden Wählerbefragungen zufolge bei jungen Wählern die stärkste Kraft.

Unter dem Druck der Proteste hatte die zuständige Justizministerin und SPD-Spitzenkandidatin bei der Europawahl, Katarina Barley, Anfang April der Urheberrichtlinie im Namen Deutschlands nur unter Vorbehalt im EU-Rat zugestimmt. In einer vierseitigen Zusatzerklärung führte die schwarz-rote deutsche Regierung aus, dass die Richtlinie ohne Uploadfilter und mit diversen Ausnahmen umgesetzt werden soll.

ÖVP stimmte dafür

In Österreich war die Urheberrechtsreform von der damaligen türkis-schwarzen Bundesregierung unterstützt worden. Im Europaparlament stimmten ihr aber nur die ÖVP-Mandatare zu, jene der FPÖ enthielten sich. Dagegen votierten die Abgeordneten der Oppositionsparteien SPÖ, Grüne und NEOS. In der seit Montag amtierenden Bundesregierung ist Außenminister Alexander Schallenberg für die Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie zuständig, weil er auch die Agenden des abgesetzten EU-, Kultur- und Medienministers Gernot Blümel (ÖVP) übernommen hat. (APA, 6.6.2019)