Zum Abschluss wird Gery Keszler den großen Emotionen noch einmal freien Lauf lassen. So wie er es in der 26-jährigen Geschichte des Life Ball immer getan hat. Wir haben ihn weinen gesehen und lachen, wir kennen ihn überaus großzügig, aber auch unbescheiden und bockig, er ist einer der weltoffensten Menschen überhaupt, zieht sich aber am liebsten in die Abgeschiedenheit der burgenländischen Provinz zurück.
Schon bevor er Life-Ball-Papa wurde, ist der junge Gerald Keszler viel herumgekommen: Nach der Matura an der HTL Mödling, der größten Schule Europas, die gerade 100-Jahre-Jubiläum Jubiläum feiert, absolvierte er eine Optikerlehre, danach verdingte er sich als Opalschürfer und Zirkuskoch in Australien. Dort infizierte er sich, wie er viele Jahre später – natürlich auf der Life Ball-Bühne – öffentlich machte, mit HIV. Die Ärzte gaben ihm damals noch drei Jahre.
Visagist in Paris
Doch Gery Keszler überlebte nicht nur, er lebte seinen Traum, ließ sich in Paris zum Visagisten ausbilden und startete als Make-up-Artist durch. Weltstars wie Vivienne Westwood und Jean-Paul Gaultier ließen ihn auch später nicht im Stich und den Life Ball im Wiener Rathaus weit über die Grenzen Österreichs hinaus leuchten.
Dabei wäre schon der erste Life Ball 1993 fast der letzte gewesen: kurz danach starb Keszlers damaliger Freund und Mitbegründer des Balls, der Arzt Torgom Petrosian, an Aids. Doch Keszler musste ihm am Totenbett versprechen, weiter gegen die Stigmatisierung von HIV-infizierten Menschen zu kämpfen und die Finanzierung von Hilfsprojekten voranzutreiben.
Auch als Keszler, der in zwei Wochen 56 wird, 2016 den Life Ball ausfallen ließ, spielten höchstpersönliche Umstände eine Rolle. Nach der Trennung von seinem damaligen Partner sah sich Keszler nicht stark genug für den organisatorisch und finanziell extrem aufwendigen Event.
Pause und Dancing Star
Schon während dieser Pause, in der Keszler bei "Dancing Stars" im ORF mitmachte, versuchte er längerfristig neue Großsponsoren und Förderungen für das weltgrößte HIV-Charity-Event aufzustellen. Für drei weitere, inklusive dem jetzigen, reichte es. Für mehr nicht. Der heurige Life Ball soll der letzte sein.
Es sei denn, der Zauberer von Oz, der am Samstag die Showbühne auf dem Rathausplatz beherrschen wird, hat noch einen Trick auf Lager. Am Ende des Regenbogens soll ja bekanntlich ein Schatz vergraben sein. (Michael Simoner, 7.6.2019)