Wien – In der U-Bahn-Station Thaliastraße waren Ion D., Vasilica B. und Marian D. in der Nacht auf den 17. Februar noch harte Kerle. Vor Richterin Martina Hahn geben sich die drei jungen Rumänen im Alter von 18 bis 21 Jahren ganz anders: kleinlaut, de- und reumütig, da sie damals einen Passanten verprügelt und getreten haben, sodass das Opfer schließlich auf die U-Bahn-Gleise fiel und sich den Fuß brach.

Verteidiger Nikolaus Rast sieht "eine bsoffene Gschicht": Seine unbescholtenen Mandanten seien "an Alkohol kaum gewöhnt, waren enthemmt, dann entstand eine gewisse Gruppendynamik", argumentiert er in seinem Schlussplädoyer. Der Staatsanwalt sieht das etwas anders: "Es ist nur einem Zufall zu verdanken, dass nicht mehr passiert ist, da glücklicherweise kein Zug gekommen ist."

Angeklagter zu aufgeregt

Alle drei Angeklagten bekennen sich schuldig, wollen sonst aber nicht viel zur Sache sagen. "Wie kommt es zu dem Vorfall?", will die Richterin beispielsweise vom Erstangeklagten wissen. "Ich weiß nicht, wie es dazu gekommen ist", hört sie als Antwort. "Hatten Sie vorher Streit mit dem Opfer?" – "Ich möchte dazu nichts sagen, ich bin zu aufgeregt", entschuldigt sich der eher schmächtige Mann, der bei der Tat dem liegenden Verletzten gegen den Kopf trat, wie auf dem Überwachungsvideo zu sehen ist.

Bei der Polizei, bevor das Videomaterial vorlag, hatte er noch gesagt, er habe einen Streit zwischen dem Opfer und den beiden Mitangeklagten schlichten wollen. Auf Nachfrage des Anklägers argumentiert er vor Gericht damit, das Trio habe sich bedroht gefühlt – warum, kann er nicht erklären.

Der Zweitangeklagte sagt, das spätere Opfer, ein Südamerikaner Ende 30, habe sie beschimpft und gestoßen. "In welcher Sprache soll mein Mandant geschimpft haben?", wundert sich der Privatbeteiligtenvertreter. "Weiß ich nicht mehr. Mein Deutsch ist sehr schlecht", weicht B. aus. "Du hast es dir eingebildet!", bringt Rast seinen Klienten mit einem Zwischenruf zurück auf die Verteidigungslinie.

Angebliche Frage nach Feuer

Der Drittangeklagte wiederum erzählte bei der Polizei zunächst, einer seiner Freunde habe den Fahrgast auf dem Bahnsteig um Feuer gebeten und dabei leicht seinen Oberkörper berührt, worauf der ihn zurückgestoßen habe und ein Gerangel entstanden sei.

Freiwillig übergeben die drei Arbeiter dem Privatbeteiligtenvertreter jeweils 500 Euro als Schmerzensgeld für das Opfer. Das will insgesamt 9.240 Euro; ein Begehren, das Rast ablehnt, da es kein medizinisches Gutachten gibt.

Am Ende referiert Hahn noch die Ergebnisse der Jugenderhebungen – die es nur über den Zweitangeklagten gibt. Erst- und Drittangeklagter sind zu zwei angebotenen Terminen der Jugendgerichtshilfe nicht erschienen. Warum, will die Richterin wissen. "Mein Chef hat gesagt, ich fliege raus, wenn ich dort hingehe", entschuldigt sich Angeklagter Nummer eins, Angeklagter Nummer drei will den Brief nicht erhalten haben. Nummer zwei war auch damals nur teilweise geständig, in dem Akt ist allerdings vermerkt, dass B. den Großteil der Fixkosten der Familie trägt.

Aufgrund der Geständnisse verzichten Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf die Einvernahme des Opfers und weiterer Zeugen, Hahn verurteilt die drei schließlich zu je sechs Monaten bedingt und ordnet Bewährungshilfe an. Mit den 1.500 Euro übersteigenden Schmerzensgeldforderungen wird der Verletzte auf den Zivilrechtsweg verwiesen. (Michael Möseneder, 11.6.2019)