Ein Elfjähriger trinkt Espresso. Das Koffein wirkt gegen die durch Dyskinesie verursachten Musklekrämpfe. Warum die Eltern dem Buben überhaupt Espresso verabreichten, wird im Fachartikel allerdings nicht geklärt.

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Paris – Bei einem ungewollten Versuch hat ein Elfjähriger in Frankreich erfahren, wie wirksam Espresso die Symptome seiner seltenen Erbkrankheit lindert. Der Bub leidet an unheilbarer Dyskinesie, die zu Muskelkrämpfen führen kann, heißt es im US-Fachmagazin "Annals of Internal Medicine". Mit zwei Tassen Espresso pro Tag können die schmerzhaften Zuckungen aber verhindert werden.

Die Eltern kauften einmal versehentlich Kapseln mit entkoffeinierten Espresso. Der Elfjährige litt daraufhin vier Tage lang unter Muskelkrämpfen. Als der Bub wieder Espresso mit Koffein trank, verschwanden die Symptome.

Der Autor des Fachartikels, Emmanuel Flamand-Roze vom Pariser Krankenhaus Pitié-Salpêtrière, sprach von "einem dieser unglaublichen glücklichen Zufälle, die es in der Medizingeschichte immer wieder gibt". Die Eltern hätten, ohne es zu wissen, einen Doppelblindversuch vorgenommen. Das bedeutet, dass weder Versuchsteilnehmer noch Versuchsleiter wissen, ob bei einem Experiment ein Medikament oder ein Placebo verabreicht wird.

Koffein übernimmt Aufgabe von Enzym

Der Irrtum der Eltern beim Kauf der Kaffeekapseln zeigte die Wirksamkeit von Koffein bei einer Dyskinesie im Zusammenhang mit einem Defekt des Gens ADCY5. Das Gen ist normalerweise an der Produktion eines Enzyms beteiligt, das bei der Kontrolle von Muskelkontraktionen hilft. Die Genmutation verhindert das – allerdings kann Koffein diese Rolle übernehmen.

Weil die Krankheit höchst selten ist, sind Experimente mit ausreichend Versuchsteilnehmern sehr schwierig – abgesehen von dem ethischen Problem, dass die Patienten, denen ein Placebo verabreicht wird, unweigerlich leiden würden. (APA, AFP, 12.6.2019)