Herbert Kickl und Pamela Rendi-Wagner sind nicht die Einzigen, die sich derzeit absprechen, um noch eigene Anliegen durchzubringen.

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Es ist der neue Lieblingsvorwurf der ÖVP: Rot und Blau würden gemeinsame Sache machen. Kaum ein Tag vergeht, an dem die Volkspartei – bis vor dreieinhalb Wochen in einer türkis-blauen Koalition – keinen "Rendi-Kickl-Deal" ortet. Zuletzt, als sich die beiden Parteien am Dienstag final darauf festgelegt haben, am 29. September wählen zu wollen. Der Termin gilt nun als relativ fix. Es muss lediglich noch die Übergangsregierung zustimmen – und die wird sich wohl an der parlamentarischen Mehrheit orientieren, die SPÖ und FPÖ miteinander haben, die der ÖVP für ihren gewünschten früheren Wahltermin aber fehlt.

Trinkwasser in Verfassung

Doch auch darüber hinaus können sich noch zahlreiche Allianzen in Sachfragen ergeben. Wie DER STANDARD in Erfahrung bringen konnte, zeichnet sich eine Zweidrittelmehrheit für ein Privatisierungsverbot des Trinkwassers in der Verfassung ab. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl kündigte im Gespräch mit dem STANDARD an, dass die Freiheitlichen ein eigenes Verfassungsgesetz zum Schutz des Wassers einbringen werden. Die SPÖ hatte einen solchen Antrag bereits zuvor angekündigt. Kickl stellt diesbezüglich gleich klar, es gehe ihm "ums Ergebnis" und nicht darum, "wer was wo einbringt". Sprich: Die FPÖ wird wohl auch der roten Initiative zustimmen.

Auch die Liste Jetzt spricht sich für Wasserschutz per Verfassung aus. Die Neos zeigen sich auf Nachfrage "aufgeschlossen", man wolle sich die konkreten Anträge aber noch anschauen, bevor man eine fixe Zusage abgebe, hieß es am Dienstag. Sobald diese vorliegt, steht einem Verfassungsbeschluss nichts im Weg. Der ÖVP-Klub habe sich noch nicht festgelegt, ob man dann auch mitstimme.

FPÖ will Wirte entschädigen

Als gesichert gilt bereits, dass es einen – um in der ÖVP-Diktion zu bleiben – Rendi-Kurz-Deal in Sachen Rauchverbot geben wird. SPÖ, Neos und Liste Jetzt haben sich ja schon von Beginn an für ein Ende des Qualmens in der Gastronomie ausgesprochen, die ÖVP möchte sich einem entsprechenden Antrag nun anschließen.

Die Freiheitlichen, schon immer Gegner des Rauchverbots, wollen sich auch nach einem erfolgreichen Beschluss für die Gastronomen einsetzen, wie Kickl erklärt: "Wir werden für finanzielle Entschädigungen kämpfen. Wirte dürfen nicht Sündenböcke der gesetzgeberischen Wankelmütigkeit der ÖVP sein", sagt er und kündigt auch hier einen entsprechenden Antrag an.

Die Wirte und die ÖVP

Damit setzt die FPÖ wiederum die ÖVP unter Druck. Denn auch die Wirtschaftskammer, namentlich Harald Mahrer (ÖVP), fordert Entschädigungen für Investitionen wie Trennwände, die Wirte bereits getätigt haben, aber dann nicht mehr nutzen können. Die Volkspartei hat sich allerdings gegen budgetbelastende Wahlzuckerln ausgesprochen und könnte hier dementsprechend nicht mitstimmen. Aus dem ÖVP-Klub heißt es auf Nachfrage, man wolle sich noch nicht festlegen und abwarten, wie der Verfassungsgerichtshof entscheidet. Das Höchstgericht wird demnächst darüber befinden, ob Rauchen in Lokalen nicht sogar verfassungswidrig ist.

Die SPÖ möchte außerdem noch in der am Mittwoch startenden Plenarwoche eine Initiative für einen Rechtsanspruch auf einen Papamonat starten. Die FPÖ werde auch noch versuchen, Verfassungsgesetze zum Schutz des Bargeldes und zur Etablierung direkter Demokratie durchzubringen, sagt Kickl zum STANDARD.

Kickl macht Kurz ein Angebot

Der Freiheitliche will es sich auch nicht länger gefallen lassen, vom ÖVP-Chef in eine Koalition mit der SPÖ gedrängt zu werden: "Herr Kurz, es ist ganz einfach! Wenn Sie Angst vor Rot-Blau haben, kann Ihnen geholfen werden. Wir gehen einfach den populären gemeinsamen Reformweg, den Sie vor kurzem auf Druck der alten ÖVP verlassen haben, nach der Wahl weiter", schreibt der ehemalige Innenminister auf seiner Facebook-Seite. (Katharina Mittelstaedt, 11.6.2019)