Wenn ein Kind die Umwelt mit Furzen belästigt, dann hat es entweder zu viele Linsen oder Bohnen gegessen. Oder "es setzt auf hinterhältige und ziemlich widerwärtige und im wahrsten Sinne des Wortes rücksichtslose Dampfplauderei." Das lernen wir auf der Facebook-Seite "Praxis für Kinderhomöopathie Vera Kaesemann". Der Beitrag trägt den Titel: "Blähungen aus psychosomatischer Sicht". Kaesemann analysiert die seelischen Hintergründe der kindlichen Winde: "Der kleine Stinker lässt auf Um- bzw. Abwegen seine Aggressionen heraus. Mit dem Dampf verschwindet Energie durch den Hinterausgang, das spricht von mangelnder seelischer Integrationskraft und davon, sich Dinge einverleibt zu haben, die ihm nicht bekommen, sondern vielmehr stinken."

Blähungen als "höchste Form der Liebe"

Allerdings könnten die Flatulanzen der Kleinen gar die Bande zwischen Eltern und Kind stärken: "So können sogar geruchsintensive Kinderblähungen, vor allem wenn sie sich länger halten, zu einem Weg zur höchsten Form der Liebe werden."

Erwachsenen, die im Bauch Druck verspüren, empfiehlt Kaesemann, besser in sich hineinzuhören: "Generell steht bei Blähungen in jedem Alter die Lernaufgabe an, entstehenden Druck rechtzeitig abzulassen und sich auch aggressiv und gerade und vornheraus zu äußern, um gar nicht erst stänkern und hintenherum agieren zu müssen." Also, liebe Leute, immer geradeheraus seine Meinung sagen, dann droht niemals ein Tönchen zum falschen Zeitpunkt.

Kaesemann betreibt in Hamburg eine "Praxis für Klassische Homöopathie, Kinderheilkunde und Psychosomatik." Behandlungsschwerpunkte sind unter anderem Asthma, Depressionen, Rheuma, Migräne, Neurodermitis, zudem berät sie zum Thema Impfen. 160 bis 190 Euro pro Stunde verrechnet Kaesemann selbstbewusst.

Heilpraktikerin bietet Fortbildung für Ärzte an

Für Ärzte bietet Kaesemann fünftägige Intensivausbildungen in Kinderhomöopathie und Kinderpsychosomatik an. Ein Arztdiplom wird man freilich in ihrer schmucken Praxis nirgendwo an der Wand finden. Kaesemann ist keine Ärztin, sie hat weder Medizin noch ein anderes Studium abgeschlossen. Das Heilpraktikergesetz in der Bundesrepublik Deutschland scheint bei medizinischen Wannabees einigermaßen großzügig zu sein.

Vera Kaesemann ist auch Autorin. Das Buch "Krankheit als Sprache der Kinderseele" veröffentlichte sie im Jahr 2009 gemeinsam mit Rüdiger Dahlke. Der ist eine Art Grandseigneur in der Sparte der Krankheitsdeuter. Aktuelle Eingebungen und einzelne Kapitel aus dem Werk stellt Kaesemann laufend auf ihrer Facebook-Seite zu Diskussion.

Der Dickdarm steht für das Unbewusste

Kein Leiden und kein Körperteil bleibt verschont vor platten Analogien. Kinder, die unter Verstopfung leiden, hätten den Ausdruck "Mach keinen Scheiß" zu wörtlich genommen. "Im Dickdarm, der für das Unbewusste und die Unterwelt steht, wird gestreikt."  

Die Abneigung gegen Licht bei an Masern erkrankten Kindern erklärt die Kinderhomöopathin recht salopp: "Lichtscheu sind Menschen immer dann, wenn sie etwas ausbrüten." Im Laufe der Erkrankung weiche das Kind "vor lauter Schreck über den vorerst unbeherrschbaren Einbruch des Neuen erst einmal zurück auf eine Ebene, wo alles noch leicht und wie von selbst ging – nämlich ins Fruchtwasserreich des Mond-Archetyps."

Fieber bei Masern: der totale Krieg

Martialisch klingen die Erklärungen zu dem mit der Krankheit einhergehenden Fieber: "Tief innen beginnt währenddessen der totale Krieg, der sich in hohem Fieber ausdrückt. Der ganze Körper ist auf die Auseinandersetzung eingestellt, das Fieber zeigt die Generalmobilmachung aller Kräfte für den Sieg an."

Und den Triumph auf dem Feldbett wollen wir dem kleinen Masern-Landser dann doch nicht mit einer Impfung stehlen. Kaesemann empfiehlt: "Klassische Kinderkrankheiten wie Masern, Mumps, Röteln, Windpocken und Keuchhusten sind der natürliche Versuch, sich im Kindesalter mit ererbten Belastungen zu beschäftigen und von ihnen zu befreien. Deshalb sollten sie auch nicht durch Impfungen unterdrückt oder ins Erwachsenenalter verschoben werden." (Christian Kreil, 14.6.2019)

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