Kann Annegret Kramp-Karrenbauer Angela Merkel nicht nur als CDU-Chefin, sondern auch als Kanzlerin nachfolgen? Nicht alle in der CDU beantworten diese Frage mit Ja.

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Um Friedrich Merz ist es ruhiger geworden. Längere Zeit hatte man vom ehemaligen CDU-Vizefraktionschef und verhinderten CDU-Vorsitzenden nichts mehr gehört. Doch nun ließ er wissen: "Das ist eine völlig irre Diskussion." Da konnte ihm so mancher, der überhaupt nicht zu den Merz-Fans zählt, eigentlich nur zustimmen.

Denn die CDU hat plötzlich eine Debatte um eine mögliche Kanzlerinnenkandidatur der Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer am Hals. Diese selbst hat sie nicht angezettelt. Für AKK gilt nach wie vor, was sie seit Monaten sagt: Darüber werde man auf einem Parteitag Ende 2020 entscheiden.

Bislang galt Kramp-Karrenbauer auch als Favoritin für die Kanzlerinnenkandidatur und somit auch für die Nachfolge von Angela Merkel im Kanzleramt. Doch gut ein halbes Jahr nach ihrer Wahl zur CDU-Chefin löst Kramp-Karrenbauer auch im eigenen Lager nicht mehr solche Begeisterung aus wie noch beim Wahlparteitag in Hamburg Anfang Dezember. Seit längerem wird darüber getuschelt, ob sie eigentlich das Zeug zur Kanzlerinnenkandidatin habe.

Einen Pflock hat nun die "Werteunion", eine Gruppierung von konservativen CDU- und CSU-Mitgliedern, eingeschlagen. "Die Werteunion fordert angesichts der verheerenden Umfragewerte eine Urwahl des Kanzlerkandidaten durch die Mitglieder und startet kurzfristig eine Initiative zu deren Umsetzung", erklärte ihr Vorsitzender, der Bundestagsabgeordnete Alexander Mitsch.

Urabstimmung wird gefordert

Darin steckt natürlich Misstrauen gegen Kramp-Karrenbauer. Denn eine Urabstimmung macht eher dann Sinn, wenn es mehr als einen Kandidaten oder eine Kandidatin gibt. Der CDU-Vorsitzenden wird vor allem angekreidet, dass die EU-Wahl so schlecht ausgefallen ist und dass die CDU in Umfragen immer weiter absackt, während die Grünen in manchen Umfragen schon auf Platz eins liegen. Zudem sind Kramp-Karrenbauer im vergangenen halben Jahr auch einige Patzer passiert, die immer noch nachwirken.

Im Karneval machte sie sich mit einem "Toiletten-Witz" über Intersexuelle lustig, die Aktivisten der Fridays-for-Future-Bewegung kanzelte sie als Schulschwänzer ab. Und als sie auf die Kritik des Youtubers Rezo an der CDU erwiderte, man müsse schon mal über Meinungsmache im Internet sprechen, da wurde dies hauptsächlich als Ruf nach Zensur verstanden.

Doch Kramp-Karrenbauer hat auch einen prominenten Fürsprecher, nämlich den Unionsfraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus (CDU). Er sagt auf die Frage, ob die CDU-Chefin vielleicht besser in die Regierung wechseln solle, um sich besser profilieren zu können, AKK habe ohnehin mit der Neuaufstellung der CDU viel zu tun. Dann fügte er hinzu: "Und sie wird auch unsere nächste Kanzlerkandidatin sein. Insofern ist das ihre Entscheidung, was der beste Weg ist."

Widerspruch eines Granden

Eine derartige Festlegung kommt hingegen Armin Laschet nicht über die Lippen. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und CDU-Vizechef hat in der Partei großes Gewicht und widerspricht Brinkhaus: "Annegret Kramp-Karrenbauer hat vorgeschlagen, die Kanzlerkandidatur auf dem CDU-Parteitag Ende 2020 zu entscheiden. Ende 2020 ist nicht heute und nicht jetzt."

Der Frage, ob er selbst vor der nächsten Bundestagswahl Kanzlerkandidat werden wolle, weicht er aus und erklärt, diese Frage stelle sich derzeit nicht. Man munkelt schon seit längerem, dass Laschet selbst die Nachfolge Merkels antreten wolle.

Erst kürzlich hat er Kramp-Karrenbauer vor einer Abkehr vom Merkel-Kurs gewarnt: "Das Erfolgsrezept der CDU in der Kanzlerschaft von Angela Merkel war nicht zuletzt, Probleme pragmatisch zu lösen und über die CDU-Stammwähler hinaus viele Bürger anzusprechen. Daran sollten wir festhalten."

AKK ist in der Migrationspolitik auf Distanz zu Merkel gegangen, sie lässt deren Asylpolitik seit 2015 in Werkstattgesprächen aufarbeiten. Laut einer Emnid-Umfrage käme Kramp-Karrenbauer bei einer Kanzler(innen)kandidatur nur auf 16 Prozent Zustimmung. Sehr viel mehr – 31 Prozent – erhielte Merz. (Birgit Baumann, 13.6.2019)