Das König-Abdullah-Bin-Abdulaziz-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog soll geschlossen werden, fordert der Nationalrat.

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Wien – Der Nationalrat fordert einen Ausstieg Österreichs aus dem umstrittenen König-Abdullah-Zentrum. Einem Entschließungsantrag der Liste Jetzt haben SPÖ und FPÖ am Mittwoch zur Mehrheit im Plenum verholfen. Die ÖVP trug ihn nicht mit, forderte aber kurz darauf in einem eigenen Antrag die Einleitung von Schritten zur Schließung. Das Außenministerium sicherte zu, den Beschluss umzusetzen.

"Es gibt einen klaren Beschluss des Nationalrates, der umzusetzen ist", hieße es am Mittwoch aus dem Außenministerium. Außenminister Alexander Schallenberg habe bereits die Prüfung aller rechtlich notwendigen Schritte beauftragt. "Er wird dafür Sorge tragen, dass die Umsetzung ohne Schaden für Österreichs außenpolitische Interessen und im Rahmen der internationalen Gepflogenheiten erfolgt", teilte das Ministerium mit. Dieses hatte in der Vergangenheit in einer Expertise darauf hingewiesen, dass ein sofortiger Ausstieg aus dem Zentrum nicht möglich sei.

Umstrittene Institution

Das König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (KAICIID) ist in Wien am Schottenring beheimatet und wird großteils von Saudi-Arabien finanziert. Es ist bereits seit Jahren innenpolitisch umstritten, im Jahr 2015 löste es eine handfeste Koalitionskrise zwischen den damaligen Regierungsparteien SPÖ und ÖVP aus. Damals ging es um die Weigerung des KAICIID, eine drakonische Strafe gegen den saudischen Blogger Raif Badawi zu verurteilen, der sich für Religionsfreiheit eingesetzt hatte. Der damalige Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hatte mit einer Schließung des Zentrums gedroht, woraufhin ihm von der ÖVP vorgeworfen wurde, den Ruf Österreichs aufs Spiel zu setzen.

Der von Peter Pilz nun vorgebrachte Anlassfall ist die drohende Hinrichtung eines 18-Jährigen in Saudi-Arabien, der wegen Teilnahme an einer Demonstration für Menschenrechte seit fünf Jahren in Haft sitzt. Ihm wird Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.

Der außenpolitische Sprecher der ÖVP, Reinhold Lopatka, erklärte in einer Aussendung: "Saudi-Arabien ist dringend gefordert, die Menschenrechte zu achten und einzuhalten! Die bevorstehende Hinrichtung von Murtaja Qureiris, der als zehnjähriger Bub an einer Menschenrechtsdemonstration teilgenommen hat, muss verhindert werden." Die Volkspartei befürworte daher auch die Schließung des König-Abdullah-Zentrums. "Mit einem eigenen Antrag wollen wir aber die Fortführung des interkulturellen Dialogs sicherstellen – und zwar mit der Einrichtung eines neuen Zentrums mit Sitz in Österreich, das optimalerweise unter der Obhut der Uno stehen sollte."

Lob von FPÖ

In dem vom Nationalrat angenommenen Entschließungsantrag wird Außenminister Schallenberg nicht nur aufgefordert, mit allen diplomatischen Mitteln – bis zur Ausweisung des kompletten saudischen Botschaftspersonals aus Österreichs – für eine Freilassung des jungen Mannes zu kämpfen, vielmehr wird auch ein Ende der Zusammenarbeit mit dem Abdullah-Zentrum verlangt. Konkret sollte Österreich sowohl vom Errichtungs- als auch vom Amtssitzabkommen zurücktreten.

FPÖ-Klubobmann Norbert Hofer dankte der Liste Jetzt für die Initiative. Er wies darauf hin, dass seine Partei dem Zentrum "immer mit großer Skepsis" gegenübergestanden sei, dem damaligen Koalitionspartner ÖVP aber der Weiterbetrieb "immer ein sehr großes Anliegen" gewesen sei. "Jetzt haben wir die Mehrheit und damit auch die Möglichkeit, vom Nationalrat ausgehend die Bundesregierung zu ersuchen, das Zentrum zu schließen", so Hofer.

Nach dem Beschluss des Entschließungsantrags brachte die ÖVP einen eigenen Antrag ein. Darin wird Schallenberg, ein früherer enger Mitarbeiter der ÖVP-Ressortchefs Ursula Plassnik, Michael Spindelegger und Sebastian Kurz, ersucht, "die notwendigen Schritte für eine Schließung einzuleiten" und "diplomatische Anstrengungen zu unternehmen, die ermöglichen, in Zukunft in Wien eine internationale Plattform für den interreligiösen Dialog bereitzustellen, wenn möglich im Rahmen einer Organisation der Vereinten Nationen". (APA, 12.6.2019)