Wien – Entgegen der Absicht der SPÖ müssen weder der Rechtsanspruch auf den Papamonat noch die Entgeltzahlung für freiwillige Helfer schon diesen Donnerstag im Nationalrat beschlossen werden. Sie werden – wie die anderen Initiativen, zu denen am Mittwoch Fristsetzungsanträge angenommen wurden – erst in der Plenarsitzungswoche Anfang Juli auf der Tagesordnung stehen.

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Denn ein Antrag muss laut Paragraf 44 der Geschäftsordnung erst "in der dem Fristablauf nachfolgenden Sitzung" des Plenums behandelt werden, erklärt Werner Zögernitz, der frühere ÖVP-Klubdirektor und Leiter des Instituts für Parlamentarismus und Demokratiefragen, der APA.

Und die von der SPÖ im Antrag gewählte Frist 13. Juni läuft erst am Donnerstag um 24 Uhr aus. Da bis dahin keine Ausschusssitzung (die dem Plenum vorangehen muss) auf dem Programm steht, können die Anträge zum Papamonat und zur Entgeltzahlung für freiwillige Helfer nicht bereits am Donnerstag beschlossen werden. Die nächste "nachfolgende Sitzung" ist – gibt es keine Sondersitzung – in der ersten Juli-Woche. Da müssen die beiden Anträge behandelt werden, auch wenn bis dahin kein schriftlicher Ausschussbericht vorliegt.

Das regelt Paragraf 44 Absatz 3, der lautet: "Nach Ablauf einer dem Ausschusse zur Berichterstattung gesetzten Frist hat die Verhandlung in der dem Fristablauf nachfolgenden Sitzung selbst dann zu beginnen, wenn ein schriftlicher Ausschussbericht nicht vorliegt."

Das sogenannte "freie Spiel der Kräfte", also die koalitionsfreie Mehrheitsbildung im Nationalrat, ermöglicht in diesen Tagen dennoch eine Reihe weiterer Beschlüsse:

  • Karenz: Ebenfalls auf dem Weg zu Umsetzung ist eine Initiative der SPÖ, die eine volle Anrechnung der Karenzzeiten vorsieht.
  • Militärschule: Verteidigungsminister Thomas Starlinger erfährt Widerstand aus dem Parlament: ÖVP, SPÖ und FPÖ haben in einem (nichtbindenden) Entschließungsantrag dafür gestimmt, das von Starlinger gestoppte Projekt der Sicherheitsschule in Wiener Neustadt wiederaufzunehmen. Starlinger hat die zuständigen Wehrsprecher der Parteien für Freitag zu einer Unterredung gebeten.
  • Wahlzuckerln: Wenig Chancen auf Erfolg hatte der Antrag der ÖVP, den Nationalrat per Verfassungsgesetz im Beschluss von Gesetzen mit teuren Folgen vor der Nationalratswahl einzuschränken. Zugestimmt hat nur die ÖVP.
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  • Rauchverbot: Das Ende der Aschenbecher in Lokalen ist so gut wie fix. Die ÖVP hat sich mit SPÖ, Neos und Jetzt darauf verständigt, deren Antrag auf ein Rauchverbot in der Gastronomie zuzustimmen. Der Beschluss kann somit schon im Juli gefällt werden, das Verbot am 1. November in Kraft treten. Nur die FPÖ ist weiterhin dagegen.
  • Parteienfinanzierung: Spannend wird in den letzten Plenartagen vor der Neuwahl, welche Pläne sich beim Thema Parteifinanzen durchsetzen: Freiheitliche und Sozialdemokraten fordern eine Spendenobergrenze, die ÖVP will dagegen die staatliche Parteienförderung kürzen.
  • Unterhaltsgarantie: Ein staatlicher Vorschuss für Alleinerziehende war schon vor der letzten Nationalratswahl Thema. Damals bekannten sich alle Parteien zu einem Vorstoß Peter Pilz', dass die Republik Alleinerzieherinnen finanziell aushelfen soll, wenn der Ex-Partner beim Unterhalt säumig ist. Passiert ist dann nichts. Nun startet Jetzt einen neuen Versuch.
  • Plastiksackerlverbot: Die Novelle plante Elisabeth Köstinger noch als Umweltministerin, nun will sie sie als Abgeordnete umsetzen: Das Verbot von Einwegplastiksackerln soll noch diese Woche in den Umweltausschuss geschickt und in einer Plenarsitzung im Juli beschlossen werden.
  • Mindestpension: Ein Prestigeprojekt der abgewählten türkis-blauen Bundesregierung könnte noch umgesetzt werden: die Anhebung der Mindestpension auf 1.200 Euro nach 40 Beitragsjahren. Dafür sind sowohl ÖVP als auch FPÖ nach wie vor. Der Beschluss dafür könnte noch am Donnerstag gefällt werden.
  • Wasser in die Verfassung: Wohl eine direkte Folge von Ibiza-Gate ist die Initiative, den Schutz des Wassers vor Privatisierung in der Verfassung zu verankern: FPÖ, SPÖ, Jetzt und Neos sind dafür. Der ÖVP-Klub hat sich noch nicht festgelegt, ob die türkisen Abgeordneten zustimmen. (red, APA, 12.6.2019)