Thomas Stelzer, oberösterreichischer Landeshauptmann, will, dass die ÖVP wieder den EU-Kommissar stellt.

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Brüssel/Wien/Linz – Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) erhebt den Anspruch, dass die ÖVP trotz Übergangsregierung und wechselnder Mehrheiten im Parlament auch den nächsten EU-Kommissar stellt. Auf einen Namen festlegen wollte er sich bei einem Arbeitsbesuch in Brüssel am Mittwochabend aber nicht. Den Rückzug von Heinz-Christian Strache aus der Politik hält Stelzer für "unumkehrbar".

EU-Kommissare werden auf Vorschlag der jeweiligen Regierung und im Einvernehmen mit dem EU-Kommissionspräsidenten entsandt. Durch das Zerbrechen der türkis-blauen Koalition und das nun bestehenden freie Spiel der Kräfte im Nationalrat könnte die Einigung darauf, wen Österreich für diese Funktion aufstellt, etwas komplizierter werden.

"Die führende Partei" soll Vorschlag machen

Dennoch sieht Stelzer das Vorschlagsrecht weiterhin bei der ÖVP. Es erscheine ihm "sinnvoll, dass die führende Partei den Vorschlag machen und somit auch den Kommissar oder die Kommissarin stellen kann", sagte er der APA. Das sei auch bisher so Usus gewesen. Ob Erweiterungskommissar Johannes Hahn verlängert werden soll oder doch die designierte ÖVP-Delegationsleiterin im EU-Parlament, Karoline Edtstadler – sie übernimmt Mitte 2020 von Othmar Karas –, noch für den Posten im Spiel ist, wollte er nicht bewerten.

Er werde sich nicht durch "Zurufe" oder "Namensspiele" einbringen, so Stelzer. Nur so viel: Hahn habe bisher einen "super Job" gemacht, Edtstadler sei eine "hervorragende Politikerin mit internationaler Erfahrung".

Nicht allzu begeistert ist Stelzer vom früheren Vizekanzler und FPÖ-Chef Strache, der noch überlegt, sein EU-Mandat anzunehmen. Der oberösterreichische Landeschef spricht sich klar dagegen aus. "Ich bin der Meinung – nach dem, was da geschehen ist in diesem berühmt-berüchtigten Ibiza-Video –, dass es nur eine richtige Entscheidung geben konnte, und zwar sich umgehend aus der Politik zurückzuziehen. Und aus meiner Sicht ist das eine Entscheidung, die unumkehrbar ist."

Türkis-Blau nicht ausgeschlossen

Eine Neuauflage von Türkis-Blau im Bund – in Oberösterreich regiert Stelzer weiterhin mit der FPÖ – will der Landeshauptmann trotz Ibiza-Skandals nicht ausschließen. Zuerst müssten bei der Nationalratswahl die "Gewichte verteilt" werden: "Wer dann Partner sein kann, muss das Wahlergebnis zeigen. Das gebietet auch der Respekt vor dem Wähler, dass man nicht schon vorher zu spekulieren beginnt." Das kürzliche Facebook-Angebot von Ex-Innenminister Herbert Kickl, die Koalition nach der Wahl weiterzuführen, will er nicht kommentieren.

Stelzer war am Nachmittag mit EU-Regionalkommissarin Corina Crețu in Brüssel zusammengetroffen. Er habe mit ihr über die Dotierung der Regionalförderung im neuen Finanzrahmen 2021 bis 2027 gesprochen, sagte er im Anschluss. Er habe zur Sprache gebracht, dass es in der kommenden Finanzierungsperiode ausreichend EU-Unterstützung auch für wirtschaftlich erfolgreiche Regionen brauche. Das schaffe Innovation und Arbeitsplätze und mache die EU "erlebbar".

Trotz einer möglichen Kürzung der Förderungen ab 2021 – der EU-Finanzrahmen wird noch verhandelt – ist Stelzer zuversichtlich, dass seine Botschaft, die auch alle anderen Bundesländer vertreten würden, inzwischen bei der Kommission angekommen sei. Oberösterreich hat laut Crețu rund 90 Prozent des möglichen Fördervolumens in der aktuellen Periode ausgeschöpft. Sie lobte das Bundesland für regionale Projekte sowohl bei Forschung und Bildung sowie bei Klein- und Mittelbetrieben als auch für grenzüberschreitende Kooperationen mit Deutschland und Tschechien. (APA, 13.6.2019)