Lionel Messi stimmt sich schon im Training der Argentinier auf Rudelbildung um seine Person ein. Argentiniens Albiceleste ist in Brasilien so oder so nicht Favorit auf den Gewinn der Copa América.

Foto: APA/AFP/GUSTAVO ORTIZ

Bild nicht mehr verfügbar.

Brasilien will ohne Neymar zum Titel.

Foto: REUTERS/Diego Vara

Die Chancen, dass Lionel Messi in Zukunft nicht nur wegen seiner Brillanz in einem Atemzug mit Pelé und Diego Maradona genannt wird, sind intakt. Schließlich ist Argentinien trotz des Stars des FC Barcelona nicht der Favorit für die in der Nacht auf Samstag beginnende Copa América.

Im Unterschied zum brasilianischen Jahrhundertfußballer und zu seinem nicht minder legendären Landsmann hat der fast 32-jährige Messi zumindest noch einmal die Gelegenheit, das älteste Kontinentalturnier zu gewinnen – dreimal bei vier Teilnahmen stand er schon im Endspiel, zuletzt 2016 bei der Sonderausgabe zum 100. Geburtstag des südamerikanischen Fußballverbandes Conmebol in den USA. Gegen Chile setzte es nach einem torlosen Remis eine Niederlage im Elferschießen.

Völlig unverhofft kam ein anderer Argentinier in die Verlegenheit, bei der Copa América den Höhepunkt seiner Karriere zu erleben. In einer Zeit, als Fußball von Amateuren gespielt wurde, als Auswechslungen noch nicht erlaubt waren, sah sich Argentinien vor einer Partie gegen Brasilien plötzlich zu zehnt, weil einer der nominierten Spieler nicht seiner eigentlichen Arbeit fernbleiben durfte. Ein Delegationsmitglied der Gastgeber erspähte auf der Tribüne Jose Laguna, einen Stürmer von Huracan, der so unerwartet zu einem Länderspiel kam und sogar das Tor der Hausherren beim 1:1 erzielte.

Erfolg auf Anhieb

So geschehen bei der Erstauflage 1916, als Argentinien anlässlich 100 Jahre Unabhängigkeit Brasilien, Chile und Uruguay zu einem Turnier eingeladen hatte, aber hinter den Kollegen vom anderen Ufer des Río de la Plata nur Platz zwei belegte. Insgesamt fand das Quartett so sehr Gefallen an der Sache, dass man die Gelegenheit zur Gründung eines Kontinentalverbandes nutzte. Ein Jahr später wurde unter den vier der erste Campeón Sudamericano ermittelt und mit der bis heute vergebenen silbernen Wandertrophäe auf Holzsockel bedacht.

Vor hundert Jahren war erstmals Brasilien Gastgeber, die Seleção gewann ganz in Weiß das notwendig gewordene Entscheidungsspiel in Rio de Janeiro gegen Uruguay dank eines Tores ihres ersten Superstars Arthur Friedenreich. Die Partie mit gleich zwei Verlängerungen dauerte immerhin 150 Minuten.

Noch dreimal danach nutzten die Brasilianer den Heimvorteil. Und die diesbezüglich weiße Weste soll auch diesmal gewahrt werden. Mit acht Titeln liegt der Rekordweltmeister aber weit hinter Uruguay (15) und Argentinien (14). Somit landete in 45 Turnieren nur achtmal einer aus dem Trio nicht auf Platz eins.

Katar zu Gast

Nur Ecuador und Venezuela durften als Conmebol-Mitglieder den Pokal noch nie beherbergen. Gleiches gilt für seit 1993 hinzugeladene Teams aus dem Rest des Doppelkontinents sowie auch für Japan, das nach 1999 zum zweiten Mal mit von der Partie ist. In Brasilien reiht sich zudem Asien-Meister Katar als Gastland Nummer neun ein.

Pelé war übrigens nur einmal dabei, er wurde 1959 mit acht Treffern Turnierschützenkönig, konnte aber an der Seite von Garrincha, Didi oder Mario Zagallo, mit denen er ein Jahr zuvor noch Weltmeister geworden war, den Triumph von Gastgeber Argentinien nicht verhindern.

Kein Neymar

Neuerlich ins Finale muss sich die Seleção, die in der Nacht auf Samstag in São Paulo gegen Bolivien eröffnet, ohne den verletzten Superstar Neymar spielen. Nach dem Aus im WM-Viertelfinale im vergangenen Jahr ist nur der Titel gut genug. Schließlich wirkt auch noch das Trauma der Heim-WM 2014 mit der 1:7-Schmach im Halbfinale gegen den späteren Champion Deutschland nach.

"Werden wir gewinnen? Ich weiß es nicht. Wir können nur unser Bestes geben", sagte Teamchef Tite. Der 58-Jährige hat einen Vertrag bis zur WM 2022. Der muss nicht halten, schließlich wartet Brasilien schon seit zwölf Jahren auf eine Trophäe. (sid, lü, 13.6.2019)