Moskau – Der langwellige "Lebenszyklus" mancher Vulkane ist ein zweischneidiges Schwert: Zum einen ist es ein Glück, dass sie nicht oft aktiv sind. Zum anderen kann man sie dadurch als potenzielle Gefahr aus den Augen verlieren – bis sie sich dann eben doch wieder regen. Jüngstes Beispiel ist der Vulkan Bolschaja Udina auf der sibirischen Pazifik-Halbinsel Kamtschatka. Der galt als erloschen, muss nun aber wieder als aktiv eingestuft werden.

Seit gut zwei Jahren stellen Wissenschafter fest, dass die seismische Aktivität des Vulkans im sogenannten Kljutschewskoi-Besymjanny-Vulkankomplex zunimmt. Von Mai bis Juli vergangenen Jahres sind der Untersuchung zufolge 559 Erdbeben unter dem Vulkan registriert worden. Die Forscher änderten daraufhin die Einstufung – der Bolschaja Udina könne nicht länger als erloschen gelten. Im Februar dieses Jahres sei ein Erdbeben der Stärke 4,3 registriert worden, schrieben sie in der internationalen Fachzeitschrift für Vulkanologie und Geothermie.

"Schläfer" sind besonders gefährlich

"Es kann jederzeit zu einem Ausbruch kommen", sagte der Vulkanologe Iwan Kulakow. Vulkane, in denen es lange nicht rumorte, seien besonders gefährlich, erklärte Kulakow. "Die erste Eruption kann sehr stark und explosiv sein." Bei aktiven Vulkanen könne sich die Energie nicht im Inneren ansammeln. "Bei inaktiven Vulkanen ist das anders. Da kann eine Eruption katastrophal sein."

Wenn Aschewolken ausgestoßen würden, dann könnten sie Tausende Kilometer weit fliegen. "Wenn sie in die Stratosphäre gelangen, können die Partikel sehr schnell in einen anderen Teil der Welt gelangen und das Klima verändern." Auswirkungen werde es dann auch auf den Flugverkehr geben. "Aschewolken sind selbst in geringer Konzentration sehr gefährlich für Flugzeuge." Das hatte 2010 Islands Eyjafjallajökull gezeigt: Er hatte große Mengen Asche mehrere Kilometer in die Höhe gejagt und dadurch den Flugverkehr in Nord- und Mitteleuropa zeitweise zum Erliegen gebracht.

Der Bolschaja Udina ist indes nicht der einzige Vulkan der Region, in dem es rumort. Um ihn herum in einer Entfernung von 20 Kilometern gebe es mehr als zehn Vulkane, drei von ihnen seien sehr aktiv, sagt Kulakow. Die 1.200 Kilometer lange und bis zu 450 Kilometer breite Halbinsel Kamtschakta ist mit rund 160 Vulkanen übersät, es kommt immer wieder zu Ausbrüchen. (APA, red, 17. 6. 2019)