Je näher bei Kitzbühel, desto teurer: Besonders bei Deutschen sind Chalets in den Tiroler Bergen begehrt.

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Einer von ca. 50 Maklern in "Kitz": Manfred Hagsteiner.

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Nirgendwo sonst wird in Österreich für Einfamilienhäuser so viel bezahlt wie in Kitzbühel. Was aktuell gesucht und wie viel dafür bezahlt wird, berichtet der Kitzbüheler Immobilienmakler Manfred Hagsteiner.

STANDARD: Kitzbühel ist eines der teuersten Pflaster des Landes. Was hat Kitzbühel, was andere nicht haben?

Hagsteiner: Kitzbühel hat sich seit Jahrzehnten einen sehr guten Namen aufgebaut. Wir profitieren von der Nähe zu München, aber auch von der schönen Landschaft. Es ist sicher und sauber hier. Und Kitzbühel ist ein Anziehungspunkt für Prominente. Wo Prominente sind, kommen andere auch.

STANDARD: Sie haben ja einen etwas ungewöhnlichen Werdegang für einen Immobilienmakler. Ursprünglich waren Sie Friseur ...

Hagsteiner: Schon mein Vater war Friseur und hatte in den 1960er- und 1970er-Jahren viele prominente Kunden, darunter Udo Jürgens und Romy Schneider. Ich wurde also auch Friseur. Beim Haareschneiden hat sich das Immobiliengeschäft entwickelt, weil ein Friseur alles weiß. Die Leute haben gefragt, ob wir nicht ein Grundstück oder ein Haus wüssten, das zu haben ist. So hat sich das entwickelt. Seit 1995 handle ich nur noch mit Immobilien. Mein Sohn hat auch schon sein eigenes Büro.

STANDARD: 50 Makler soll es in Kitzbühel geben. Viel Konkurrenz?

Hagsteiner: Wirklich aktiv sind vielleicht acht bis zehn. Wir als traditioneller Familienbetrieb sind in einer Nische. Bei uns werden Kunden weiterbetreut. Wenn jemand ein Kindermädchen braucht oder einen Christbaum, dann kümmern wir uns auch darum. Diese persönliche Note ist unsere Stärke. Die meisten, die kommen, sind ja fremd. Man nimmt sie bei der Hand, fährt zum nächsten Einrichtungshaus, Beleuchtungsgeschäft, Restaurant. Damit sie sich schnell wohlfühlen. Das ist für uns sinnvoll: Wenn sie die Immobilie verkaufen wollen, kommen sie wieder zu uns.

STANDARD: Wie läuft die Vermarktung eines Luxushauses ab? Bewirbt man das ganz offen?

Hagsteiner: Es gibt vielleicht ältere Häuser, die ein wenig günstiger sind und unter der Hand weggehen. Aber wenn ein Haus vier Millionen Euro kostet, dann muss ich das entsprechend bewerben. Da ist es nicht mehr damit getan, dass ich ein schönes Foto in die Auslage hänge. Dafür muss man ein schönes Video machen, in Zeitungen inserieren und im Internet gut aufgestellt sein. Dass zufällig einer im Büro vorbeistolpert und fragt, ob wir ein Haus für acht Millionen Euro haben, passiert relativ selten. Früher war das an der Tagesordnung, daher brauchte man ein Büro in guter Lage.

STANDARD: Welche Rolle spielt Diskretion in der Branche?

Hagsteiner: Die Menschen wollen nicht, dass der Nachbar weiß, dass sie verkaufen. Sie wollen daher nicht, dass wir in ihrem Vorgarten ein Schild aufstellen. In den USA und Spanien ist das gang und gäbe. Das ist eine Mentalitätssache. Dabei weiß der Nachbar sowieso, dass sie verkaufen. Er kennt ja unser Auto.

STANDARD: Wer ist denn aktuell auf der Suche?

Hagsteiner: Unser Hauptmarkt sind zu 80 Prozent die Deutschen. Dann waren relativ viele Engländer unterwegs, um die es ein wenig ruhiger geworden ist, wahrscheinlich aufgrund einer Verunsicherung rund um den Brexit. Die Russen sind eher weg.

STANDARD: In Gemeinden wie Kitzbühel hat man mit Zweitwohnsitzen ja keine rechte Freude.

Hagsteiner: Das EU-Recht gibt Käufern mehrere Möglichkeiten. Viele begründen ihren Hauptwohnsitz hier oder gründen eine Firma. Wenn jemand will, gibt es genug Möglichkeiten, in Kitzbühel legal eine Immobilie zu erwerben.

STANDARD: Was wird gesucht?

Hagsteiner: Schweizer Chalets sind sehr begehrt: Das Erdgeschoß ist mit Steinen verkleidet, die Stockwerke darüber mit Altholz. Es gibt Luxus wie ein Hallenbad oder ein Kino. Alles vom Feinsten.

STANDARD: Was wird bezahlt?

Hagsteiner: Für solche Häuser zwischen 14.000 und 16.000 Euro pro Quadratmeter, aber in Kitzbühel werden auch 20.000 Euro bezahlt. Bei Häusern um 28 Millionen Euro braucht man sich den Quadratmeterpreis nicht mehr ausrechnen. Wenn man heute um viel Geld eine Immobilie kauft, braucht man nur noch eine Zahnbürste mitnehmen. Da kommt die Bettwäsche aus Paris und die Tapeten aus England.

STANDARD: Ist preislich nicht langsam ein Plafond erreicht?

Hagsteiner: Wir fragen seit zehn Jahren: Wie soll das weitergehen? Aber es ist immer weitergegangen, eine Blase hatten wir nie. Es ist in Kitzbühel lustigerweise sogar leichter, hochpreisige und teure Sachen zu verkaufen, als günstigere. Ich rechne die Preise meistens immer noch in Schilling um, aber da werde ich verrückt. 30 Millionen Euro kann man ja gar nicht mehr in Schilling umrechnen. Darum kriegt man ja anderswo einen ganzen Berg. Aber es gibt wirklich sehr, sehr viele reiche Menschen. Nicht nur in Russland. Auch in Deutschland.

STANDARD: Gibt es einen Generationenwechsel in Kitzbühel?

Hagsteiner: Ja. Wir haben schon super Häuser verkauft an Kunden, die nicht einmal 40 Jahre alt waren. Auch wie lange man eine Immobilie behält, hat sich verändert. Alles ist schnelllebiger geworden. Nach zehn oder zwölf Jahren wechselt die Immobilie oft wieder ihren Besitzer. Da sind dann Enkel da, die sagen, dass sie lieber nach Spanien wollen. Lustigerweise kommen sie dann später, wenn sie älter sind, wieder nach Kitzbühel zurück.

STANDARD: Blieb Ihnen ein Erlebnis als Immobilienmakler besonders in Erinnerung?

Hagsteiner: Ein Kunde kam einmal um 15 Uhr, um noch am selben Tag eine Wohnung zu suchen. Er war auf der Durchreise. Wir haben eine Wohnung um drei Millionen Euro gefunden, er hat sie gekauft und 500.000 Euro angezahlt. Drei Monate später läutete mitten in der Nacht das Telefon. Der Kunde rief mich aus einem Hotel an, entschuldigte sich für die Störung und bat mich, vorbeizukommen. Ich fragte, ob denn etwas passiert sei. Darauf sagte er: "Nein, aber ich finde meine Wohnung nicht. Ich war ja nur einmal da." (16.6.2019)