Wer anderen ungefragt unter den Rock fotografiert, kann auch in Österreich von der Polizei nicht belangt werden – es sei denn, das Opfer ist minderjährig.

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Es sollte eigentlich selbstverständlich sein, dass man nicht einfach anderen Personen eine Handykamera zwischen die Beine hält. Doch weil dem offenbar für einige Menschen nicht so ist, sorgt das Phänomen des "Upskirtings" in den letzten Jahren zunehmend für Aufregung. Das Wort beschreibt den Vorgang, einer Frau unter den Rock zu fotografieren.

Der Begriff existiert schon länger, auch als Nischengenre in der Pornoindustrie, das auf vielen einschlägigen Webseiten abgebildet wird. Doch während dort in der Regel bezahlte Darstellerinnen und Darsteller die ungewollte Ablichtung der Unterwäschezone inszenieren, sehen sich in der Realität zahlreiche Frauen dieser Form der Belästigung ausgesetzt. In Deutschland wird nun mit einer Onlinepetition dagegen mobil gemacht. Ziel ist es, dass Upskirting unter Strafe gestellt wird. Das Vorbild kommt aus Großbritannien.

Nur strafbar, wenn Aufnahmen veröffentlicht werden

Ida Marie Sassenberg und Hanna Seidel heißen die Initiatorinnen des Begehrens, das auf Change.org mittlerweile über 53.000 Stimmen gesammelt hat. In vielen Fällen ist in der Bundesrepublik das Fotografieren unter den Rock nicht gesetzlich sanktioniert. Problematisch wird es für die Täter erst, wenn sie die Bilder veröffentlichen, da dann das Urheberrecht ("Recht am eigenen Bild" oder Fotografieverbote für private und geschlossene Räume) tangiert wird.

Laut den Erstellerinnen der Petition werden die ungefragten Voyeurfotos oft auf Pornoseiten und andere Portale hochgeladen, wobei die betroffenen Frauen oft identifizierbar sind. Dagegen vorzugehen setzt voraus, das der Übergriff überhaupt bemerkt wird. Ein mit Risiken behaftetes zivilrechtliches Vorgehen ist erst möglich, wenn der Ersteller der Bilder sich weigert, diese zu löschen. In keinem Fall aber kann die Polizei eingreifen, da es sich um eine rein zivilrechtliche Angelegenheit handelt. Auch die Staatsanwaltschaft tritt nicht als Klägerin auf.

Hanna Seidel ist nach eigenen Angaben selbst schon zwei Mal, im Alter von 13 und 16 Jahren, Opfer von Upskirting geworden. Auch darum setze sie sich dafür ein, die Gesetzeslücke hinsichtlich dieser "legalen Übergriffe" zu schließen. Laut Sassenberg sammelte sie zunächst 200 Unterschriften, ehe Change.org damit begann, die Kampagne größer ins Rampenlicht zu stellen.

Viele Hasspostings von Männern

Die Initiatorinnen berichten gegenüber dem "Spiegel" von vielen unterstützenden Botschaften, aber auch von vielen Hasspostings. So werde Upskirting zum "Randphänomen" erklärt, das man angesichts wichtigerer Dinge ignorieren könne oder den Frauen selbst die Schuld zugeschoben, wenn sie Röcke trügen. Auch persönliche Beleidigungen seien darunter. Problematische Postings würden ihrer Beobachtung nach "hauptsächlich von Männern" verfasst.

Sassenberg erklärt, schon in der Vergangenheit Erfahrungen mit Shitstorms gemacht zu haben, weswegen sie mit diesen Botschaften gut umgehen könne. "Je mehr Hasskommentare kamen, desto entspannter wurde ich", beschreibt sie ihre Erfahrungen. Sie sieht eine unterschiedliche Behandlung von Frauen und Männern, wenn sie sich öffentlich äußern.

Kein rechtsfreier Raum

"Von Frauen wird immer noch erwartet, dass sie sich anpassen, sich zurücknehmen, bescheiden und niedlich sind", so Sassenberg weiter. Daher würde Hass im Netz besonders häufig auch deklarierte Feministinnen treffen. Während sie selbst derzeit nicht plant, beleidigende Botschaften zur Anzeige zu bringen, empfiehlt sie anderen Empfängerinnen von Hasspostings, sehr wohl, die Behörden zu kontaktieren. Es sei an der Zeit, klar zu stellen, dass auch im Internet "gesellschaftliche Normen und Gesetze gelten."

Einige Fälle von Upskirting machten in Deutschland bereits größere Schlagzeilen. 2014 tauchten im Rahmen einer Verhandlung gegen den ehemaligen Bürgermeister der Stadt Scheyern 99 solcher Fotos und Videos auf, die dieser auf seiner Kamera gespeichert hatte, berichtete die "Augsburger Allgemeine". Verurteilt wurde er aber, mangels rechtlicher Relevanz, nur wegen anderer Vergehen.

Petition in Großbritannien führte zu Gesetz

Mit der Petition folgt man dem Beispiel von Gina Martin aus Großbritannien. Dieser war bei einem Konzert 2017 unter den Rock fotografiert worden. Sie gelangte an das Handy der Täter und brachte es zur Polizei. Diese erzwang allerdings nur die Löschung der Bilder, weitere Konsequenzen blieben mangels erfülltem Straftatbestand aus, die Ermittlungen wurden eingestellt.

Martin startete daraufhin ebenfalls eine Petition, die es auf mehr als 110.000 Unterschriften brachte und große öffentliche Aufmerksamkeit erfuhr. 2018 legte die Regierung einen Gesetzesentwurf vor, dessen Umsetzung aber zunächst aber durch einen einzelnen Tory-Abgeordneten verhindert wurde, ehe mittels parteiübergreifender Anstrengungen letztlich doch ein Beschluss zustande kam. Mittlerweile droht für Upskirt-Aufnahmen eine Hafstrafe von bis zu zwei Jahren.

Auch in Österreich oft nur über Urheberrecht verfolgbar

In Österreich entspricht die Rechtslage im Prinzip jener in Deutschland, wie aus einer Auskunft des Justizministeriums im Februar gegenüber der "Kleinen Zeitung" hervorgeht. Unter den Rock zu fotografieren hat demnach erst dann Konsequenzen, wenn die Aufnahmen veröffentlicht werden und damit das Urheberrecht verletzt wird.

Auch hierzulande handelt es sich um ein Zivilverfahren, bei dem Betroffene selbst als Kläger auftreten müssen, was komplizierter und potenziell teuer ist. Die einzige Ausnahme ergibt sich, wenn das Opfer noch nicht volljährig ist – dann könnten Upskirt-Aufnahmen als "pornografische Darstellung Minderjähriger" gewertet werden, ein Straftatbestand, für den bis zu fünf Jahre Haft vorgesehen sind. (gpi, 17.06.2019)