Vor allem dem Vollmond werden Eigenschaften zugeschrieben, die sich durch wissenschaftliche Studien nicht bestätigen lassen.

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Mythos eins: Der Supermond ist extrem selten und super!

Der Vollmond ist beeindruckend. Aber das allein scheint heutzutage nicht mehr zu reichen. In den letzten Jahren war immer wieder von einem "Supermond" die Rede. Der biete angeblich ein faszinierendes und seltenes Schauspiel, bei dem der Mond größer und heller am Himmel erscheint als normal. Das kommt tatsächlich vor, ist aber trotzdem weder neu noch außergewöhnlich.

Die Bahn des Mondes um die Erde ist kein Kreis, sondern eine Ellipse. Findet ein Vollmond gerade dann statt, wenn der Mond auf seiner Bahn den erdnächsten Punkt erreicht, nennt man das "Supermond". Das ist aber nicht so selten, denn dieses Ereignis wiederholt sich spätestens alle 413 Tage, die Intervalle können aber auch viel kürzer sein. Der Vollmond sieht dann tatsächlich ein wenig größer aus als sonst, aber man bemerkt es kaum – außer man hat viel Übung bei der Einschätzung der Größenverhältnisse am Himmel.

Deshalb ist "Supermond" auch kein astronomischer Fachbegriff. Das Wort wurde 1979 vom Astrologen Richard Nolle erfunden, der damals behauptete, der "Supermond" würde Vulkanausbrüche, Erdbeben und andere Naturkatastrophen auslösen. Was er erwiesenermaßen nicht tut. Er sieht einfach nur schön aus.

Mythos zwei: Die dunkle Seite des Mondes

Von der Erde aus sehen wir immer dieselbe Hälfte des Mondes. Das bedeutet aber nicht, dass er sich nicht um seine Achse dreht. Ganz im Gegenteil. Der Mond dreht sich, und er braucht für eine Drehung um sich selbst genau so lange wie für einen Umlauf um die Erde. Das nennt sich gebundene Rotation und ist der Grund dafür, dass der Mond uns immer dieselbe Seite zeigt.

Würde der Mond sich nämlich nicht um seine Achse drehen, würden wir im Laufe eines Monats seine komplette Oberfläche sehen können. Um uns immer die gleiche Seite zeigen zu können, muss er sich langsam drehen: Nur so kann der durch seine Positionsveränderung immer unterschiedliche Blickwinkel auf den Mond ausgeglichen werden.

Im englischen Sprachgebrauch wird die von der Erde aus nicht sichtbare Seite des Mondes "dark side of the moon" genannt. Das ist ebenfalls falsch: Die Sonne beleuchtet im Laufe eines Monats alle Teile der Mondoberfläche.

Mythos drei: Bei Vollmond schläft man schlechter

Der Vollmond sorgt für schlechten Schlaf: Davon sind sogar Menschen überzeugt, die nichts mit Esoterik am Hut haben. Der Vollmond hat mit unguten Schlaferfahrungen aber höchstens indirekt zu tun.

Gründe für schlechten Schlaf gibt es viele, und jeder Mensch schläft ab und zu schlecht. Es ist daher nicht überraschend, wenn Schlafprobleme zufällig in einer Vollmondnacht auftreten. Das aber regt die selektive Wahrnehmung an: Schlechter Schlaf bei Vollmond ist auffälliger als schlechter Schlaf in einer normalen Nacht. Und an das Auffällige erinnern wir uns besser.

Wir neigen auch dazu, gleichzeitig auftretende Dinge in einen kausalen Zusammenhang zu stellen. Dazu kommt das Phänomen der selbsterfüllenden Prophezeiung. Wer sich schon mit dem Gedanken ins Bett legt, dank des Vollmonds heute schlecht zu schlafen, tut das vermutlich auch.

Außerdem: Wer nicht gerade unter freiem Himmel liegt oder Bett und Fenster (ohne Vorhänge) zufällig so positioniert hat, dass das Mondlicht einfällt, wird nichts vom Vollmond merken. Ganz besonders dann, wenn man in einer Gegend lebt, in der die Nacht ohnehin voller künstlicher Lichter ist, die heller leuchten als der Mond.

Mythos vier: Man muss auf den richtigen Zeitpunkt achten

Die Esoterikabteilungen der Buchläden sind voll mit "Mondkalendern", die den Lesern erklären, dass man bei Ernährung, Gartenarbeit oder dem Arztbesuch auf den Mond achten soll. Es mache einen Unterschied, ob man sich bei Voll- oder Neumond die Haare schneiden lässt; man müsse beim Bepflanzen des Gartens auf die Mondphase achten und so weiter.

Wissenschaftliche Grundlagen dafür gibt es nicht. Der Mond ist immer dieselbe fast 3500 Kilometer große Gesteinskugel in fast 400.000 Kilometer Entfernung, egal ob gerade Voll- oder Halbmond ist. Das Einzige, was sich ändert, ist unser Blickwinkel auf die von der Sonne beschienene Hälfte des Mondes.

Und auch das Mondlicht hat keine besonderen Kräfte. Es ist reflektiertes Sonnenlicht, nur eben weniger als untertags. Alles was der Mond angeblich mit uns anstellt, müsste die Sonne am Tag demnach viel stärker beeinflussen. Die modernen Mondkalender präsentieren auch kein "uraltes Bauernwissen", sondern entstammen der rund um 1900 aufgekommenen Esoterik und Anthroposophie, die damals begannen, das "Wissen um den richtigen Zeitpunkt" als "Bauernwissen" zu verkaufen.

Mythos fünf: Der Mond allein erzeugt Ebbe und Flut

Die Gezeiten in den Ozeanen werden tatsächlich vom Mond verursacht. Aber er ist dabei nicht allein. Die Gezeitenkraft hat nicht speziell mit dem Mond zu tun. Sie ist nur ein spezieller Aspekt der Gravitationskraft des Mondes, die an verschiedenen Orten der Erde unterschiedlich stark wirkt, weil unser Planet ein ausgedehnter Körper ist und damit nicht alle Punkte seiner Oberfläche gleich weit vom Mond entfernt sind.

Was der Mond kann, kann aber natürlich auch die Sonne. Sie ist weiter weg, hat aber eine viel größere Masse und hat daher einen relevanten Anteil an den Gezeiten. Und das ist auch einer der wenigen Fälle wo die Mondphasen doch einen spürbaren Einfluss auf die Erde haben.

Stehen Sonne und Mond in einer Linie, also bei Voll- oder Neumond, verstärkt sich ihre Wirkung und es gibt besonders starke Gezeiten, bei Halbmond gleichen sich die Einflüsse dagegen teilweise aus. (Florian Freistetter, 16.6.2019)