Sie entziehen einem die Energie, wie ein Vampir. Die toxische Kollegen. Denn: Niemand kriegt so viele Gedanken, mit niemandem beschäftigen wir uns so intensiv und so andauernd, nach nichts und niemandem richten wir uns so konsequent aus.

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Meistens ist es so, dass wir diejenigen, die uns Probleme machen, die uns kränken, schlecht behandeln und zum Homo obsoletus erklären, zum Guru erheben: Niemand kriegt so viele Gedanken, mit niemandem beschäftigen wir uns so intensiv und so andauernd, nach nichts und niemandem richten wir uns so konsequent aus.

In diese "Gurus" fließt die meiste Energie, sie werden, wenn wir das konsequent betreiben, Anfang und Ende der Tage. Für sie wälzen wir uns nächtens schlaflos hin und her. Ihnen bauen wir regelrechte Altare – weil schon bevor wir tatsächlich auf sie treffen, denken wir an sie, spielen Horrorfilme des Bevorstehenden ab und unterwerfen uns schon ex ante gefühlsmäßig den Grauslichkeiten, die uns wieder erwarten werden.

Bereitwilligst malen wir uns aus, was sie im Job wieder von uns verlangen werden, wie sie wieder an uns vorbeischauen werden, welche Kröten wieder aus ihren Mündern hüpfen werden.

Blick auf die Mitmenschen

Sind wir denn total verrückt? Wollen wir wirklich den für unser Leben schädlichsten Menschen, den toxischen Kollegen und den ärgerlichsten Mitarbeiterinnen, unsere ganze Aufmerksamkeit und Energie widmen? Tag um Tag, Jahr um Jahr solchen Menschen Macht geben, die uns fertigmachen? Da kann doch niemand fröhlich mit "Ja, sicher, hurra!" antworten.

Da richtet sich doch jeder Mensch, dem noch halbwegs etwas an sich selbst liegt, auf und sagt: "Mit mir nicht!" Ich entscheide, wen ich ernst nehme. Ich mache mir nicht dauernd Gedanken über die Grauslichen. Ich mache mir lieber Gedanken über die Liebenswürdigen. Wann immer so ein Guru wieder auftritt, dann schaue ich ein paar Grad nach links oder nach rechts. Ich entscheide mich für den Blick auf die Mitmenschen, die mir guttun, verbinde mich mit ihnen und sehe, was wir miteinander und füreinander tun können. Eine hervorragende Burnout-Prophylaxe. (Karin Bauer, 20.6.2019)