Mit einem Marktanteil von knapp 13 Prozent fristen die "Nachhaltigen" längst kein Nischendasein mehr.

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Das eigene Kapital nicht nur ertragreich, sondern auch möglichst ökologisch und sozial verantwortlich anzulegen – das ist die Idee hinter den sogenannten ethischen, nachhaltigen oder grünen Investments. In Österreich liegt Investieren mit gutem Gewissen im Trend. Im Vorjahr erreichte es neue Spitzenwerte.

So legte das Volumen verantwortlicher Investments im Jahr 2018 um 66 Prozent zu und erreichte damit ein Rekordvolumen von 65 Milliarden Euro, heißt es im aktuellen Marktbericht des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG). Die – laut Definition etwas enger gefassten – nachhaltigen Geldanlagen stiegen um 43 Prozent auf 21,8 Milliarden Euro.

Auch Private kommen auf den Geschmack

Derzeit tragen größtenteils institutionelle Anleger zur grünen Welle am Finanzmarkt bei. "Insbesondere die österreichischen Vorsorgekassen sind ein elementarer Akteur für nachhaltiges und verantwortliches Investment, dicht gefolgt von den Versicherungen", weiß Wolfgang Pinner, der FNG-Vorstandsvorsitzende für Österreich. Auch Kirchen sind hier wichtige Player. Doch auch bei kleineren Beträgen macht eine zukunftsfähige Geldanlage – beispielsweise über einen monatlichen Anlageplan – doppelt Sinn. Dementsprechend setzen immer mehr Privatpersonen auf Lösungen mit ökologischem und sozialem Mehrwert: Sie sorgen bereits für ein Fünftel der nachhaltigen und verantwortlichen Investments.

Gutes Gewissen trifft gute Rendite

Mit einem Marktanteil von knapp 13 Prozent (inklusive Mandate, bei denen Anleger ihre eigenen Vorstellungen einbringen können) fristen die "Nachhaltigen" längst kein Nischendasein mehr.

Doch geht Verantwortung nicht auf Kosten der Rendite? "Dass Nachhaltigkeit underperformt, ist ein Mythos. Unsere Erfahrung zeigt, dass eine gute Rendite und ein gutes Gewissen durchaus nebeneinander stehen können. Denn aufgrund der zusätzlichen Informationen zur Nachhaltigkeit von Unternehmen kann – z.B. über eine genauere Risikoeinschätzung – die Performance mitunter sogar positiv beeinflusst werden", sagt Michael Huber, Fondsmanager bei Raiffeisen Capital Management* (siehe Interview). Durch die möglichen finanziellen Erträge und den positiven Impact auf Umwelt und Gesellschaft erhielten die Investoren quasi eine "doppelte Rendite", so der Finanzexperte. Wobei auch nachhaltige Fondsinvestments den Schwankungen der Kapitalmärkte unterworfen sind und auch Kapitalverluste möglich sind.

Eine andere Frage ist freilich, wie Nachhaltigkeit überhaupt bewertet werden kann. Die Standards sind unterschiedlich, sehr oft werden Ausschlusskriterien wie etwa Kinderarbeit, Prostitution, Atomkraft oder die Produktion von Waffen, Tabak bzw. Alkohol angewendet. Geht es um Staatsanleihen wird vor allem die Governance unter die Lupe genommen. Hier rangiert die Todesstrafe im FNG-Ranking vor Diktaturen und Korruption. Doch oft geht der Investmentprozess weit über bloße Ausschlüsse hinaus. Eine zunehmend größere Rolle spielen ESG-Integration, Engagement (Unternehmensdialoge und Stimmrechtsausübung) oder der Best-in-Class-Ansatz, bei dem die Besten gewählt werden.

Dabei werden auch verstärkt soziale und ökologische Aspekte einbezogen, etwa der vorbildliche Umgang mit den Mitarbeitern, ein niedriger CO2-Ausstoß oder ein verstärkter Fokus auf Müllvermeidung. Klimaschützer hoffen hierauf weitere positive Effekte durch den EU-Aktionsplan zur Nachhaltigen Finanzierung, den die Europäische Kommission im März 2018 vorgestellt hat. Demnach müssen etwa Anlageberater künftig nachhaltige Investments in Kundengesprächen berücksichtigen. Bis der Aktionsplan in gesetzliche Regelungen gegossen ist, wird es allerdings noch eine Weile dauern.

Orientierungshilfe bei Fondsauswahl

Weil es für Anleger oft schwer zu durchschauen ist, ob ein Nachhaltigkeits-Fonds tatsächlich nach sozialen, ökologischen und ethischen Kriterien gemanagt wird, empfehlen Finanzexperten, auf Qualitätszeichen zu achten. So können seriöse Zertifikate und Gütesiegel wie etwa das Österreichische Umweltzeichen für Finanzprodukte oder das FNG-Siegel des Forums Nachhaltige Geldanlagen eine wertvolle Orientierung bieten.

Michael Huber über den Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Momentum

Michael Huber, Fondsmanager des Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Momentum bei Raiffeisen Capital Management
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Wie erklären Sie sich den Trend zu nachhaltigen Investments?

Das Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit steigt nicht nur im Umgang mit den Ressourcen und unserer Umwelt, sondern auch bei den Investoren. Viele Menschen, denen es gut geht, leben ganz bewusst verantwortungsvoller gegenüber der Umwelt und der Gesellschaft. Sie entscheiden sich für einen nachhaltigen Lebensstil. Da ist es nur konsequent und logisch, wenn sie auch bei der Geldanlage zu nachhaltigen Angeboten greifen.

Sie managen einen Nachhaltigkeitsfonds, der einem ganz besonderen Konzept folgt – er setzt auf Unternehmen, die sich in puncto Nachhaltigkeit stark verbessern …

Ja, der Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Momentum, ein Aktienfonds, investiert in kleine und mittlere europäische Unternehmen (bis 25 Milliarden Euro Marktkapitalisierung beim Erstinvestment), deren Nachhaltigkeitsentwicklung sich innerhalb der letzten drei Jahre deutlich verbessert hat. Jedoch achten wir natürlich auch auf einen hochwertigen Business Case, also die Wirtschaftlichkeit. Denn es bringt nichts, wenn wir auf nachhaltige Unternehmen setzen, die dann finanziell ins Straucheln geraten. Anfangs war der Fonds vor allem großen institutionellen Investoren vorbehalten, mittlerweile ist er auch für private Anleger zugänglich.

Wie suchen Sie die Unternehmen aus?

Jedes Unternehmen erhält von uns eine Kennzahl, die den Grad der Nachhaltigkeit ausdrückt, den so genannten ESG-Score. ESG steht dabei für Umwelt, Soziale Gerechtigkeit und Unternehmensführung. Danach prüfen wir die Klein- und Mittelbetriebe nach Ausschlusskriterien wie etwa Umweltverschmutzung. Der Fonds setzt sich letztlich aus Aktien von 50 gleichgewichteten Unternehmen zusammen. Sie werden aus einer Grundmenge von mehr als 1000 Unternehmen ausgewählt.

Können Sie uns Beispiele nennen?

Wir sind beispielsweise in Tomra investiert. Das norwegische Unternehmen stellt unter anderem Systeme für das Recycling von Pet-Flaschen und Sortieranlagen her. Das Müllaufkommen auf der ganzen Welt ist enorm. Europa hat eine wichtige Vorbildrolle im Bereich Mülltrennung und Recycling. Auch das belgische Unternehmen Umicore, das sich auf das Recycling von Batterien spezialisiert hat, ist für uns interessant. Im Fonds enthalten ist zudem der Biolebensmittelerzeuger Wessanen. Mit seiner Entscheidung, auf die Produktion von gesünderen und nachhaltig erzeugten Lebensmitteln umzustellen, wächst dieses niederländische Unternehmen mittlerweile deutlich stärker als die traditionelle Lebensmittelindustrie.

Wie hat sich der Fonds seit dem Start entwickelt?

Die absolute Netto-Wertentwicklung des Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Momentum seit seiner Auflage am 15. November 2016 liegt bei 28,90 Prozent (Stand: Ende Mai 2019). Die Performance wird von der Raiffeisen KAG auf Basis der veröffentlichten Fondspreise nach der OeKB-Methode berechnet. Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung des Fonds zu. Veranlagungen in Fonds sind mit höheren Risiken verbunden, bis hin zu Kapitalverlusten.