Als Stauberater darf Thaler auch auf dem Pannenstreifen fahren. Sein Revier ist die A10 Tauernautobahn. Besonderes oft staut es sich dort vor dem Tauerntunnel.

Foto: ÖAMTC

Herbert Thaler leistet Pannenhilfe.

Foto: ÖAMTC

Kaum ist ein langes Wochenende (Pfingsten) vorbei, steht das nächste vor der Tür: Viele werden sich den Freitag nach Fronleichnam als klassischen Zwickeltag freinehmen und Richtung Süden aufbrechen. Man kann nur hoffen, dass es nicht ganz so schlimm kommt, wie am vergangenen Pfingstwochenende – einem der verkehrsintensivsten der letzten Jahre. Doch ist auch dieses Mal mit Verzögerungen auf den Hauptreiserouten zu rechnen. Und hier kommen die Stauberater des ÖAMTC ins Spiel: Sie machen liegen gebliebene Autos wieder flott, informieren die Lenker, teilen Wasser und auch mal Spielzeug aus. Herbert Thaler ist einer von ihnen:

STANDARD: Wie sind Sie Stauberater geworden?

Thaler: Ich bin gelernter Mechaniker und habe als Pannendienstfahrer in Salzburg begonnen. Irgendwann ist dann das Thema Stauberater aufgepoppt. Das hat mich interessiert, weil ich gut mit Leuten kann. Außerdem fahre ich gerne Motorrad. Und schon war ich mit an Bord.

STANDARD: Was macht ein Stauberater?

Thaler: Begonnen hat das Ganze hier in Salzburg mit dem Tauerntunnel. Als der nur einröhrig zu befahren war, kam es des Öfteren zu Staus, was unter den Autofahrern zu Verunsicherung geführt hat. Wir haben uns deshalb entschlossen, diesen Stauberatungsservice zu starten und auch die Medien verstärkt zu informieren. Das ist es, was Stauberater grundsätzlich machen: die Menschen im Stau beraten, aufklären, informieren und helfen.

STANDARD: Dafür braucht’s wahrscheinlich hin und wieder psychologisches Fingerspitzengefühl.

Thaler: Wen wundert’s: Wenn man einmal in einem 35 Kilometer langen Stau steht und man schon vier Stunden unterwegs ist, das Ziel aber noch lange nicht in Sicht ist, da schmeißt der eine oder andere schon mal die Nerven weg. Da hilft nur reden und aufklären darüber, warum im Tunnel jetzt Blockabfertigung ist. Es geht letztendlich um die Sicherheit, gerade bei so einem neuralgischen Punkt wie einem Tunnel. Dass es um ihre eigene Sicherheit geht, das verstehen die meisten dann auch.

STANDARD: Ihrer Erfahrung nach: Was ist die häufigste Ursache für einen Stau?

Thaler: Verkehrsüberlastung ist mit Abstand die häufigste Stauursache. Danach kommen Unfälle: Je mehr Fahrzeuge unterwegs sind, desto höher ist eben die Wahrscheinlichkeit, dass etwas passiert.

STANDARD: Was ist mit Baustellen? Gerade im Sommer hat man als Autofahrer den Eindruck, wird besonders viel gebaut.

Thaler: Baustellen sind auch chronische Staupunkte, sicher. Aber noch häufiger sind in den letzten Jahren Grenzkontrollen als Stauverursacher.

STANDARD: Das nächste lange Wochenende steht bevor, die Sommerferien starten bald. Können Sie eine Prognose abgeben, wo es besonders viel stauen wird?

Thaler: Man kann immer davon ausgehen, dass gerade an verlängerten Wochenenden und zu Ferienbeginn die Staugefahr am höchsten ist. Betroffen sind vor allem die Transitrouten in Tirol und Salzburg. Wir kennen die besonders heiklen Punkte: Tunnel, Baustellen. Dort kommt es ziemlich sicher zu Verzögerungen. Das Gute ist: Man kann diese Punkte – meistens – umfahren, die Route dementsprechend planen. An den Grenzübergängen wird es sicher auch wieder zu Wartezeiten kommen, zumal dort auch manche Ausweichrouten gesperrt werden. Bei einem Unfall gibt’s meist sowieso kein Entrinnen, da kann man nichts planen. Aber man muss grundsätzlich sagen: Es ist besser geworden.

STANDARD: Woran liegt das?

Thaler: Es scheint sich herumgesprochen zu haben, dass man tunlichst nicht mit der Masse starten sollte. Viele legen ihre Anreisetage anders oder starten viel früher am Tag. Das macht sich bemerkbar. Dennoch ist der Samstag nach wie vor der Hauptreisetag.

STANDARD: Gab es denn Jahre, in denen es besonders schlimm war?

Thaler: In den Jahren 2012/2013 war es besonders intensiv. Damals dürften alle gleichzeitig weggefahren sein. Speziell in Bayern. Es gab einen 35 Kilometer langen Stau. Das war massiv.

STANDARD: Wenn andere in den Urlaub starten, beginnt für Sie die Arbeit. Wann gehen Sie dann auf Urlaub?

Thaler: Naturgemäß sind die Wochenenden in den Ferien besonders stressig. Aber im August gehe ich auch zwei Wochen auf Urlaub, dann übernimmt einer der beiden anderen Kollegen.

STANDARD: Was ist der größte Fehler, den man in einem Stau machen kann?

Thaler: Erstens: sich ärgern. Das führt zu nichts. Zweitens: Ausweichmanöver starten, wenn man bereits im Stau steckt. Das hat dann keinen Sinn mehr und würde auf den Ausweichstrecken, meist Bundesstraßen, nur zu noch mehr Chaos führen. Drittens: nicht genug zu trinken mithaben. Wassermangel führt zu Aggression.

STANDARD: Passiert es Ihnen noch, dass Sie im Stau stecken?

Thaler: Hin und wieder, wenn ich mich beim Timing vertue.

STANDARD: Gibt es irgendetwas Gutes, das man einem Stau abgewinnen kann?

Thaler: Man muss sich immer vor Augen halten: Im Stau sind alle gleich. Auch der größte Stau löst sich einmal auf, alle kommen irgendwann an. Ich habe schon erlebt, dass es zu einem Fußballmatch auf der Autobahn gekommen ist: Die Burschen haben das Beste draus gemacht. Andere sind neben der Autobahn fischen gegangen.

STANDARD: Was raten Sie Familien, die mit kleinen Kindern im Stau stehen?

Thaler: Nicht die Nerven verlieren, die Kinder beschäftigen. Wenn gar nichts weitergeht, am besten kurz aussteigen, damit man sich die Beine vertreten kann. Das hilft schon viel. Und natürlich kann man nach dem Stauberater auf seinem Motorrad Ausschau halten. Der hat normalerweise immer etwas für die Kleinen dabei.

STANDARD: Wie es aussieht, wird Ihnen die Arbeit nicht so schnell ausgehen …

Thaler: Da mache ich mir auch keine Sorgen. (Markus Böhm, 19.6.2019)