Rev Magnetic – Versus Universe

Der Schotte Luke Sutherland schoss mit seiner Band Long Fin Killie einst wie ein mysteriöser Meteorit durch die 1990er: raunend und wispernd, zum Herzschlag der besten Musik. Später schrieb er Romane über seine Identität als homosexueller Künstler von den Orkney-Inseln, oder er half bei den Dröhnländern von Mogwai aus. Sein neues Bandprojekt Rev Magnetic vereint das Beste aus Postrock und Shoegaze. Alles säuselt, wispert, klingelt, zirpt und jubiliert. Versus Universe (Rock Action) gleicht dem Besuch in einem Spiegelkabinett. Fordernde Musik, für die man das Wort "immersiv" erfunden hat.

Rev Magnetic

Jóhann Jóhannsson – Retrospective I

In Hollywood rissen ihm die Regisseure die Partituren noch tintennass aus den Händen. Der isländische Neoklassizist Jóhann Jóhannsson (1969–2018) hatte es "geschafft", als er allzu früh das Zeitliche segnete. Die Deutsche Grammophon hat zu seinen Ehren einen ersten, würdigen Grabstein aufgerichtet. Auf Retrospective I findet man nicht weniger als sieben formative Soundtracks dieses introvertierten Klangbildners. Menschen, denen das Gotteslob von Arvo Pärt viel zu pausbäckig daherkommt, sei die Musik zu The Miners’ Hymns ans Herz gelegt: ein Gongschlag für die Arbeiterkultur.

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Kedr Livanskiy – Your Need

Der Klimawandel leistet ganze Arbeit: Im Umland von Irkutsk tauen die permafrostigen Böden auf. Prompt kommen 32.000 Jahre alte Wolfskadaver zum Vorschein. Etwas weiter im Westen, diesseits des Urals, hüpft der Star der Moskauer Electro-Szene durch die Taiga und zählt Mohnblumen. Kedr Livanskiys zweites Album Your Need (Indigo) stolpert verführerisch durch einen Wald aus Song-Skeletten. Manche ihrer Nummern beginnen als House-Tracks und enden als Beschwörungen von Mütterchen Russland. Es pluckert, die Hi-Hats zischen, der Wind verfängt sich in Livanskiys Haar. Hot. (Ronald Pohl, 18.6.2019)