Mark Zuckerberg weitet sein Imperium aus.

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Facebook hat am Dienstag seine Pläne, eine neue Kryptowährung einzuführen, vorgestellt: Das Digitalgeld mit dem Namen Libra basiert ähnlich wie der Bitcoin auf der sogenannten Blockchain-Technologie, soll aber ohne starke Kursschwankungen auskommen. Facebook werde keinen Zugang zu den Transaktionsdaten haben, versicherte der für das Projekt zuständige Facebook-Manager David Marcus.

In der Anfangszeit dürfte das Digitalgeld vor allem für Überweisungen zwischen verschiedenen Währungen eingesetzt werden, sagte Marcus der dpa. Damit würde Libra mit Diensten wie Western Union oder Moneygram konkurrieren, die für internationale Überweisungen hohe Gebühren verlangen. Die Vision sei aber, Libra schließlich zu einem vollwertigen Zahlungsmittel für alle Situationen zu machen.

Allianz unterschiedlichster Partner

Libra ist der nächste Schritt des Unternehmens, um sich über soziale Netzwerke hinaus zu entwickeln und mehr im Bereich E-Commerce anzubieten. Das Unternehmen hat, wie Reuters berichtet, hierfür mit 28 Partnern in der Schweiz das Konsortium Libra Association gegründet, das die neue Währung beaufsichtigen soll. Diese Allianz und nicht Facebook soll das Digitalgeld verwalten.

Unter den aktuell 28 Mitgliedern sind die Finanzdienstleister Visa, Mastercard, Paypal und Stripe – was die Integration in Bezahlsysteme erleichtern dürfte. Mit an Bord sind unter anderem auch Vodafone und Ebay, die Reisebuchungsplattform Booking.com sowie der Musikstreaming-Dienst Spotify und die Fahrdienstvermittler Uber und Lyft. Zum Libra-Start im Jahr 2020 hoffe er auf mehr als 100 Mitglieder, sagte Marcus. Facebook werde keine Sonderrolle in der Organisation haben.

Radikale Kursschwankungen

Bisherige Blockchain-Währungen wie Bitcoin sind für ihre massiven Kursschwankungen berüchtigt – das ist etwas, was Facebook bei Libra unbedingt vermeiden wollte. Deshalb wird Libra in vollem Umfang durch einen Reservefonds mit verschiedenen Währungen wie Dollar, Euro und Yen gedeckt sein. "Wenn zum Beispiel jemand Libra für 100 Euro kauft, fließen diese 100 Euro in die Reserve", erläuterte Marcus. Die Libra Association werde zudem festlegen, in welchem Verhältnis Währungen und Wertpapiere wie Anleihen in der Reserve gehalten werden, um für einen stabilen Kurs zu sorgen. Auch wird Libra anders als der Bitcoin nicht von den Nutzern selbst erstellt, sondern muss bei Mitgliedern der Allianz oder auf Handelsplattformen erworben werden.

Sprungbrett Whatsapp und Facebook

Der Konzern hat zudem das Tochterunternehmen Calibra gegründet, welches digitale Wallets anbietet, um Libras zu speichern, zu versenden oder auszugeben. Zudem soll Calibra mit Messenger und Whatsapp verbunden werden – Apps, die bereits Milliarden Nutzer zählen. Das Unternehmen dürfte nur von Privatsphärebedenken gestoppt werden: So hat Facebook seit vergangenem Jahr aufgrund mehrerer Datenmissbrauchsskandale einen massiven Druck, den Datenschutz zu verbessern

Zur Aufbewahrung und Nutzung von Libra werden verschiedene Anbieter digitale Brieftaschen aufsetzen können. Facebook will nur einer von vielen Wallet-Anbietern sein: "Facebook und Calibra werden keine besonderen Rechte oder Vorteile haben, obwohl wir den gesamten Quellcode für die Blockchain und die Transaktionen geschrieben haben", sagte er.

Vorbild aus China

Facebook erhofft sich wohl, einen Teil der mit der Währung ermöglichten Erlöse für sich zu behalten – etwa, indem Services über Whatsapp oder Facebook angeboten werden. Dabei dürfte das chinesische Wechat ein Vorbild für das Unternehmen sein: In der App können Nutzer essen bestellen, Taxis rufen, und so weiter.

Für Verbraucher soll es einfach sein, das Geld zwischen Libra und anderen Währungen zu tauschen und Transaktionen damit zu machen. So soll man Libra-Überweisungen zum Beispiel direkt in Facebooks Chatdiensten Whatsapp und Messenger ausführen können. Mit einer Verknüpfung zum Bankkonto sollen Libra auch direkt auf dem Smartphone in andere Währungen umgetauscht werden können.

Eigene Regulierung

Nutzer können in dem Libra-System unter Pseudonymen agieren und mehrere Zugänge haben. "Transaktionen enthalten keine Verbindung zur Identität der Nutzer in der realen Welt", hieß es in einem Papier.

Die übliche Regulierung – also zum Beispiel Maßnahmen gegen Geldwäsche – werde auf Ebene der Wallets greifen, sagte Marcus. "Wir haben mit Regulierern rund um die Welt gesprochen." Für Unternehmen, die Gründungsmitglieder der Libra-Allianz werden wollen, wurde eine Hürde gesetzt: Sie müssen einen Marktwert von mindestens einer Milliarde Dollar (890 Mio. Euro) oder mehr als 20 Millionen Kunden haben. Mitglieder müssen mindestens zehn Millionen Dollar investieren.

Die bekannteste Blockchain-Währung Bitcoin ist anders organisiert: Bei ihr werden die Einheiten durch mathematische Berechnungen auf den Computern der Nutzer generiert – "geschürft", wie es im Fachjargon heißt. Dabei ist die Gesamtzahl der Bitcoin, die produziert werden können, beschränkt. Und die Berechnungen dafür werden immer komplexer.

Inzwischen braucht man Hochleistungscomputer, um Bitcoin zu erstellen, daher schürfen derzeit vor allem kommerzielle "Mining-Farmen". Das steigert den Energieverbrauch und das knappe Angebot kann für Preis-Sprünge sorgen. In der Spitze kostete ein Bitcoin Ende 2016 bis zu 20.000 Dollar – dann folgte der Einbruch. Inzwischen arbeitete sich der Bitcoin auch dank Gerüchten über Facebooks Pläne wieder an die Marke von 9.000 Dollar vor.

Eigene Programmiersprache

Bei einer Blockchain werden verschlüsselte Daten über Transaktionen aneinandergereiht und an verschiedenen Orten gespeichert. Durch einen Abgleich würden eventuelle Änderungen auffallen, was für Sicherheit sorgt. Facebook sei es bei seinem System gelungen, bekannte Probleme der Technologie wie Langsamkeit zu lösen. Bei Libra komme es auch nicht zu dem hohen Energieverbrauch wie bei Bitcoin. "Wir haben eine Blockchain entwickelt, die sich an die Anforderungen von Milliarden Menschen anpassen kann", sagte Marcus. Facebook entwickelte für das System auch eine neue Programmiersprache mit dem Namen Move.

Genehmigung notwendig

Um die Kryptowährung tatsächlich starten zu können, bräuchte es zuerst eine Zustimmung der jeweiligen staatlichen Aufsichtsbehörde. Kryptowährungen werden jedoch kritisch gesehen – so beklagen Behörden, dass sie zunehmend für den Handel von Drogen, der Finanzierung von Terrorismus und anderen kriminellen Aktivitäten zum Einsatz kommen.(red, APA, dpa, 18.6.2019)