Graz/Darmstadt – Wie testet man Weltraumtechnologie realitätsnah? Die Technische Universität Graz wurde für ein Nanosatellitenprojekt beauftragt, das als Testlabor für die Satellitenkontrolle im Weltall dienen soll. Im Spätherbst soll die Mission OPS-SAT ins All starten. Am Dienstag wurden das Konzept von OPS-SAT und das eingereichte Experiment im ESA-Kontrollzentrum ESOC in Darmstadt präsentiert.

Weltraumtechnik muss zuverlässig sein, erklärte Otto Koudelka, Leiter des Instituts für Kommunikationsnetze und Satellitenkommunikation der TU Graz im Gespräch mit der APA. Die ESA will neue Weltraumtechnologien entwickeln und zuvor auf Herz und Nieren prüfen können. Tests im Weltraum sind jedoch riskant und anspruchsvoll, weshalb bereits fliegende Satelliten, die eine aktive Nutzlast haben, für solche Versuche nicht geeignet sind, wie Koudelka schilderte. Ein Kleinsatellit könnte diese Aufgabe allerdings relativ günstig übernehmen.

Leistungsfähiger Nanosatellit

Vor gut zwei Jahren hat daher die ESA die TU Graz mit der Entwicklung eines Kleinsatelliten (CubeSat) beauftragt, der ausschließlich für diesen Zweck gebaut wurde. Der Start von CubeSat OPS-SAT soll zwischen dem 15. Oktober und dem 14. November dieses Jahres erfolgen, erläuterte Koudelka, der die Mission federführend leitet. Damit startet das erste Labor ins All, dessen Zweck es ist, neue Technologien für die Kontrolle von Satelliten zu testen. Es besteht aus einem Satelliten, der nur 30 Zentimeter hoch und damit nur etwas größer als eine Milchpackung ist, sein Leistungsvermögen, wie etwa die Computerkapazität, ist laut ESA aber besonders hervorstechend.

"Das Ziel unserer Mission ist es, neue leistungsfähige Prozessoren, Funkempfänger und Weltraum-Software unter realen Weltraumbedingungen risikoarm zu testen. Eine zur Erde gerichtete Kamera ist ebenfalls mit an Bord. Weiters steht die erste Datenübertragung eines Nanosatelliten via Licht am Plan, und zwar zwischen OPS-SAT und dem Observatorium Lustbühel in Graz", erklärte Koudelka. Der Satellit wird in rund 500 Kilometern Höhe die Erde umrunden – mindestens ein Jahr lang. Parallel dazu wurde ein FlatSat gebaut, der im Satelliten-Kontrollzentrum der Europäischen Raumfahrtagentur für die Bodentests verwendet wird. Besonders stolz ist man auf den zentralen Prozessor, dem "sehr leistungsfähigen Herzstück von OPS-SAT", wie Koudelka es ausdrückte.

Gestartet wird vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana aus. Eine ganze Reihe von Experimenten wird dann mit an Bord sein. Die ESA hat dafür einen "Call of Experiments" gestartet. Rund 100 Versuche wurden bereits bei der ESA eingereicht, etwa eine Software zur automatischen bildgestützten Erkennung von Waldbränden aus dem All. 35 Teilnehmer haben am Dienstag im ESOC am "Experimenters Day" ihre Ideen den OPS-SAT-Experten vorgestellt. Die zu testende Software der ausgewählten Projekte wird dann auf OPS-SAT hochgeladen und soll dann über das Internet kontrolliert werden.

Optische Datenübertragung

Das Grazer TU-Institut ist selbst auch für zwei Experimente verantwortlich: Eines soll laut Koudelka erstmals die optische Datenübertragung zu einem Kleinsatelliten und neue Möglichkeiten gesicherter Datenkommunikation demonstrieren. Dazu enthält OPS-SAT einen von der TU Graz und der deutschen MEW Aerospace entwickelten optischen Datenempfänger, der die Laserpulse, die von der Laserstation am Observatorium Lustbühel gesendet werden, dekodiert. Ein kryptografischer Schlüssel wird mittels Laserimpulsen zum Satelliten übertragen und dient dazu, den schnellen Funkkanal (bei 8 GHz mit einer Datenrate von 50 Mbit/s), den OPS-SAT ebenfalls etwa zur Übertragung von Bildern der Kamera an Bord bereitstellt, zu verschlüsseln. Bei jedem Überflug über Graz soll ein neuer Schlüssel zu OPS-SAT übermittelt werden. Die primäre Bodenstation befindet sich in Darmstadt.

Eine weitere von der TU Graz und MEW Aerospace entwickelte Hardware an Bord von OPS-SAT ist ein frei programmierbarer Funkempfänger ("Software-defined Radio"). Mit seiner Hilfe sollen terrestrische Störsignale im Frequenzbereich um 430 MHz gemessen und lokalisiert werden. Dies sei laut Koudelka relevant für die CubeSat-Community, die diesen Frequenzbereich intensiv für Kleinsatelliten nützt. Weiters könne der Empfänger für verschiedene Funkübertragungsexperimente, zum Beispiel Tests neuer Übertragungsverfahren, genutzt werden. (APA, 19.6.2019)