Hochspannungsleitungen sind Umweltschützern und Anreinern ein Dorn im Auge.

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Es ist das vorläufige Ende einer Geschichte, die das Potenzial hatte, zu einer unendlichen Geschichte zu werden: Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat am Wochenende die Beschwerden gegen die Genehmigung für den Bau der umstrittenen Hochspannungsleitung (380 Kilovolt; kV) auf Salzburger Boden abgewiesen. Die Austrian Power Grid (APG), die für das Hochspannungsnetz zuständige Verbund-Tochter, will im September mit ersten Bauarbeiten starten.

Zwei Bürgerinitiativen hatten gegen die Anfang März dieses Jahres erfolgte Genehmigung der Salzburgleitung durch das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) Beschwerde eingelegt und dabei mehrere Gründe geltend gemacht. Unter anderem vertraten sie die Ansicht, die Salzburger Landesregierung sei nach den Regelungen des UVP-Gesetzes, das den Rahmen für Umweltverträglichkeitsprüfung vorgibt, gar nicht zuständig gewesen.

Der VfGH stellte in seinem Erkenntnis fest, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken vorliegen. Die Beschwerden würden allenfalls eine rechtswidrige Anwendung eines einfachen Gesetzes betreffen. Dafür ist der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zuständig. Die Bürgerinitiativen haben nun die Möglichkeit, die Abtretung der Beschwerde an den VwGH zu beantragen und Revision einzubringen. Was sie nach STANDARD-Informationen auch tun werden.

VwGH noch am Zug

Der VwGH muss dann prüfen, ob bei der Erteilung der Genehmigung gegen die von der Salzburger Landesregierung und vom BVwG anzuwendenden Rechtsvorschriften verstoßen wurde. Mit dieser Entscheidung sei frühestens in ein bis zwei Jahren zu rechnen, sagen Experten.

Die Salzburgleitung ist der Lückenschluss im 380-kV-Ring in Österreich. Die geplante Freileitung verläuft von Elixhausen im Flachgau bis Kaprun im Pinzgau und ist 113 Kilometer lang. Das Investitionsvolumen beläuft sich auf rund 800 Millionen Euro.

Anrainer der geplanten Trasse fühlen sich durch die Leitung "optisch gestört" und riefen zuletzt laut nach einer Verkabelung. Das hätte die Projektkosten allerdings um ein Vielfaches in die Höhe getrieben und die Fehlersuche im Fall eines Schadens verkompliziert.

Versorgungssicherheit

Die APG ihrerseits verweist auf die Notwendigkeit einer "starken" Leitung nach Kaprun, wo der größte Pumpspeicher Österreichs steht. Mit der bestehenden und bereits in die Jahre gekommenen 220-kV-Leitung, die übrigens nach Inbetriebnahme der 380-kV-Leitung demontiert wird, lasse sich die Versorgungssicherheit Österreichs mit Strom in Zukunft nicht mehr aufrechterhalten.

Ein Grund dafür sei auch die große zusätzliche Menge an erneuerbarer Energie, die in den nächsten zehn bis 15 Jahren die in Gas-, Kohle- oder in Atomkraftwerken im Ausland erzeugte elektrische Energie ersetzen soll – Stichwort "Mission 2030". Dazu sei ein rascher, leistungsstarker Transport überschüssiger elektrischer Energie, die zum Beispiel aus Windparks im Osten Österreichs stammt, zu den Speichern in den Alpen nötig. Umgekehrt könne bei einem Stromengpass die gespeicherte elektrische Energie wieder dorthin gebracht werden, wo sie benötigt wird.

22 Jahre für Burgenlandleitung

Die Salzburgleitung ist, zumindest was die Länge des Verfahrens betrifft, keine Ausnahme. Die erst Anfang 2000 fertiggestellte 380-kV-Leitung vom Burgenland in die Steiermark, vulgo "Burgenlandleitung", benötigte vom Start bis zur Realisierung 22 Jahre. In Salzburg kommen noch einige Jahre dazu.

Denn mit der Fertigstellung der Salzburgleitung wird nicht vor 2024 gerechnet. Die APG muss bei der Errichtung nämlich Rücksicht nehmen auf Brut- und Balzverhalten von Tieren; für den eigentlichen Bau der Leitung stehen klar definierte Zeitfenster zur Verfügung.

120 Kilometer Leitung

Das war teilweise auch schon beim Bau des ersten Teils der Leitung der Fall, die Ende Jänner 2011 nach 16 Monaten Bauzeit in Betrieb ging. Dieser Abschnitt zwischen dem Umspannwerk St. Peter am Hart (OÖ) und dem neu errichteten Umspannwerk Salzach in Elixhausen nahe Salzburg ist 46 Kilometer lang. Insgesamt werden es nach Fertigstellung des zweiten Teils der Leitung an die 120 Kilometer sein.

Mit dem Rückbau der bestehenden 220-kV-Leitung werde es in Zukunft in Salzburg trotz Baus der 380-kV-Leitung um 65 Leitungskilometer sowie 229 Strommasten weniger geben als heute, sagte Projektleiter Wolfgang Hafner. (Günther Strobl, 19.6.2019)