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Wien – Die ÖVP will, dass das Rauchverbot für die Gastronomie in der Version eingeführt, die schon 2015 geplant war und erst unter Türkis-Blau wieder außer Kraft gesetzt wurde. Das teilte der türkise Parlamentsklub der APA mit und betonte, dass man sich mit den anderen Parteien (außer der FPÖ) einig sei. Änderungen in kleineren Details werden allerdings nicht ausgeschlossen. Wichtig war der Volkspartei, dass das Verbot erst mit 1. November in Kraft tritt, um entsprechende Übergangsfristen zu gewährleisten.

Der Beschluss aus dem Jahr 2015, der unter Rot-Schwarz getätigt wurde, sah ein komplettes Rauchverbot in der Gastronomie (ausgenommen Gärten) vor, das auch Wasserpfeifen und E-Zigaretten umfasste. Betroffen waren alle öffentlichen Orte, an denen Speisen und Getränke hergestellt, verarbeitet, verabreicht oder konsumiert werden (zum Beispiel auch Versammlungen in Pfarrsälen oder Feuerwehrfeste), nichtortsfeste Einrichtungen wie Festzelte, Mehrzweckräume sowie schulische Einrichtungen und Freiflächen, in denen Kinder und Jugendliche beaufsichtigt und beherbergt werden, etwa Internate.

32.400 Spitalsaufenthalte pro Jahr weniger

Eine Modellrechnung steirischer Experten zeigt, dass die Maßnahme schon innerhalb einer Woche 623 Spitalsaufenthalte weniger bedeuten würde. Die Berechnungen wurden vergangenes Jahr unmittelbar nach dem Kippen des Gastro-Rauchverbots durch die türkis-blaue Regierung angestellt.

Für ihre "Gesundheitsfolgenabschätzung" errechneten die Grazer Gesundheitswissenschafter, basierend auf internationalen Metaanalysen, dass jährlich 32.370 Krankenhausaufnahmen vermeidbar wären. Würde man diese längerfristigen Durchschnittswerte auf die letzte Woche umlegen, "dann verursachte die Aufhebung des Nichtraucherschutzgesetzes bereits 623 Spitalsaufnahmen", hieß es in einer Mitteilung der Autoren. Es handelte sich dabei um ein Kooperationsprojekt von "Vivid – Fachstelle für Suchtprävention", Med-Uni Graz, FH Joanneum, Stadt Graz und Bundesland Steiermark. Unterstützt worden sei man dabei auch von der Gesundheit Österreich GmbH.

Trafikanten erwarten Umsatzrückgang

"Jede Zigarette, die nicht geraucht wird, wird uns Umsatz kosten", sagte Trafikantenobmann Josef Prirschl am Mittwoch. Seiner Schätzung nach wird der Umsatz seiner Branche um drei bis fünf Prozent schrumpfen. Schließlich sei in etwa 80 Prozent der Gastronomie auf dem Land das Rauchen noch erlaubt gewesen.

"Wie oft gehen die Menschen wirklich vors Lokal, um zu rauchen? Dadurch wird sicher weniger geraucht", sagt Prirschl. Gesundheitspolitisch sei das zu begrüßen, doch werde es die Trafikanten treffen, weshalb "die Politik nicht auf uns vergessen darf". Konkret geht es ihm um die Mindesthandelsspanne. Eine entsprechende ausgearbeitete türkis-blaue Regierungsvorlage sollte vom Parlament beschlossen werden.

In 10.000 Betrieben durfte noch geraucht werden

Der Fachverband Gastronomie in der Wirtschaftskammer wünschte sich am Mittwoch, dass die Situation für die Gastwirte klar geregelt werde, denn das Außerkraftsetzen der Regelung sei sehr rasch gekommen. Schätzungen gehen davon aus, dass in rund einem Drittel aller Betriebe bisher noch geraucht werden durfte – das sind rund 10.000.

Die letzte Erhebung zu den Rückbaukosten wurde im Jänner 2015 durchgeführt, als bekannt wurde, dass ein generelles Rauchverbot beschlossen werden soll. Dabei wurden für 2009 bis Ende 2014 für Raumabtrennungen und Lüftungsanlagen Investitionen von 150 bis 200 Millionen Euro festgestellt. Dazu kommen noch Aufwendungen für den Rückbau obsolet gewordener Mauern, Glaswände und Türen, die den Betriebsablauf stören – diese wurden im Fachverband damals auf 20 Millionen Euro geschätzt. Die Wirtschaft benötige jedenfalls Berechenbarkeit und Rechtssicherheit. Kosten für Investitionen, die nun nicht mehr genutzt werden können, müssten abgegolten werden, fordern die Wirte.

Wirtschaftskammer gegen "überbordende Auflagen"

Problematisch erscheint das Thema Anrainerschutz, wenn zahlreiche Gäste vor den Lokalen rauchen: Oberstes Ziel der WKO sei, dass die Gastronomiebetriebe in dieser Frage vor "überbordenden Auflagen" bewahrt bleiben. Für die Nachtgastronomie seien noch mehrere Punkte zu regeln – laut dem Fachverband können die Wirte für die Raucher im Freien nicht in die Verantwortung genommen werden. Hier müssten pragmatische Lösungen im Sinne der Gäste, Wirte und Anrainer gefunden werden.

Die Fachgruppe Gastronomie in der Wiener Wirtschaftskammer befürchtet für den urbanen Raum "fatale" Auswirkungen. "Eine reine Schwarz-weiß-Lösung wird zu wenig sein, denn die Gastronomie ist eine derart vielfältige Branche, dass eine einzige Lösung zu noch mehr Problemen auf anderer Ebene führen wird", sagt deren Obmann Peter Dobcak.

Er forderte eine Ausnahmeregelung für die Nachtgastronomie, mit speziellem Fokus auf die Bars und Clubs, die bei einem Rauchverbot mit massiven Anrainerproblemen zu kämpfen hätten. Auch für Betriebe, die Rauchen als zentrale Existenzgrundlage haben, beispielsweise Shisha-Bars, sei eine Ausnahme nötig. "Wir brauchen für die mehr als 500 Shisha-Lokale eine Ausnahmeregelung, um die Lebensqualität der Anrainer sowie das wirtschaftliche Überleben der betroffenen Betriebe abzusichern."

Sima sieht Lokale bei Anrainerschutz in der Pflicht

Wiens Umweltstadträtin Ulli Sima (SPÖ) ist in Bezug auf die Raucher im Freien anderer Meinung: Sie sieht dabei sehr wohl die Gastronomen in der Pflicht, sagte sie am Mittwoch. "Es muss jeder Lokalbesitzer dafür sorgen, dass es ordnungsgemäß über die Bühne geht", erklärte die Stadträtin. Das sei ja auch der Fall, wenn sich alkoholisierte Gäste auf den Heimweg begeben. Gleichzeitig bot sie Hilfe an: "Wir unterstützen gerne, wo wir können." (APA, 19.6.2019)