Forschungsinfrastrukturen sind ein heikles Thema: Ohne sie kommen zumindest die Naturwissenschaften nicht vom Fleck. Ihre Anschaffung ist aber teuer. Daher wird meist ausgiebig darüber diskutiert, ob betreffende Infrastruktur ausgelastet sein wird, wer Zugang dazu haben wird und ob der Standort überhaupt gut gewählt ist. Ein trivialer Gedanke? Zumindest in einigen Ländern der Donauregion ist der ökonomische Zugang nicht wirklich ausgeprägt. So lautet die Diagnose des europäischen Forschungsprojekts "ResInfra@DR", das noch bis Ende Juni läuft und im Rahmen des Danube Transnational Programme, Teil der Interreg-Initiative der EU, gefördert wird. Das Budget beträgt rund 2,1 Millionen Euro. 14 Partner, darunter Hochschulen, Ministerien und Förderagenturen, aus zwölf Ländern der Donauregion beschäftigen sich seit Anfang 2017 mit der Frage, wie man dem Umgang mit Forschungsinfrastrukturen eine systematische Basis geben kann.

"Die Forschungslandschaft hat sich stark verändert. Institutionelle Förderung ist immer stärker an Leistungen geknüpft", sagt Martin Gajdusek, Wissenschafter am Zentrum für Soziale Innovation (ZSI) und zugleich Projektleiter von ResInfra@DR. "Weil die Mittel knapp sind, braucht man eine gute Steuerung." Genau dieses Wissen sei in vielen Ländern der Donauregion jedoch nicht ausreichend vorhanden. An den Universitäten etwa sind die Fakultäten recht starke und unabhängige Einheiten. Rektorate können ihre Lenkungsfunktion deshalb kaum umsetzen.

Drei Leitfäden

Ein Ergebnis des Projekts sind drei schriftliche Leitfäden. Einer beschäftigt sich mit der Bewertung von Finanzierung, Nutzungsszenarios und Bedarfsanalysen noch vor der Umsetzung. Der zweite Leitfaden geht auf das Monitoring von Forschungsinfrastrukturen im laufenden Betrieb ein. Der dritte schließlich betrachtet ihre sozioökonomischen Auswirkungen. Auch Workshops und Schulungen wurden im Rahmen des Projekts durchgeführt. Im Zentrum stand auch der Wissenstransfer. "Eine moldauische Medizin-Uni ist an uns herangetreten, weil ihre Biobank nicht mehr den aktuellen Standards entspricht", nennt Gajdusek ein Beispiel. "Die Universität wollte wissen, ob man die Biobank weiterentwickeln kann oder ob es sinnvoller ist, sie einzustellen." Um das zu klären, fuhren zwei Experten, darunter einer der Medizinischen Universität Graz, nach Moldau und entwickeln nun konkrete Empfehlungen für die osteuropäischen Kollegen.

Der aktuell wahrscheinlich umfangreichste Aufbau von Forschungsinfrastruktur in der Donauregion geschieht mit dem rund 900 Millionen Euro schweren Interreg-Projekt "Extreme Light Infrastructure". An drei Standorten in Ungarn, Tschechien und Rumänien entstehen Hightech-Einrichtungen für die Laserforschung. Auch hier stellt sich die Frage nach der Langzeitnutzung. "Die gesellschaftliche Einbindung ist sehr wichtig", erklärt Petra Szucs vom ungarischen Forschungsinstitut. Dazu sei es nötig, die Bevölkerung darüber zu informieren, was eigentlich genau in den Forschungseinrichtungen passiert. "Viele Menschen haben keine klare Vorstellung von dem Projekt. Sie glauben, da passiert etwas Gefährliches. Wir wollen ihnen diese Ängste nehmen." Deshalb werden Tage der offenen Tür und Schüler-Lehrveranstaltungen abgehalten.

Seitens des ZSI hofft man, das so generierte Know-how künftig im Rahmen der EU-Donauraumstrategie einbringen zu können. Und rät Unis, noch besser als bisher untereinander zu kooperieren. (rl, 19.6.2019)