Martin Graf nahm an einer Sitzung des Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus teil. Dem rechtsextremen Freiheitlichen wurde die Teilnahme bisher verwehrt.

Die FPÖ ließ Martin Graf, früherer freiheitlicher Nationalratspräsident und Mitglied der schlagenden und rechtsextremen Burschenschaft Olympia, an einer Sitzung des Nationalfonds teilnehmen. Das berichtet das Nachrichtenmagazin Profil. Der Nationalfonds der Republik für Opfer des Nationalsozialismus ist im Parlament angesiedelt. Seit 1995 wurden aus jenem Fonds 330 Millionen Euro an NS-Verfolgte ausbezahlt.

Da der Fonds im Nationalrat angesiedelt ist, steht ihm der Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) vor. Dem Kuratorium gehören auch die beiden anderen Nationalratspräsidentinnen Doris Bures (SPÖ) und Anneliese Kitzmüller (FPÖ) an, auch die Israelitische Kultusgemeinde verfügt über ein Mandat.

Kitzmüller ließ sich vertreten

Bei der jüngsten Sitzung des Fonds vergangenen Montag war Kitzmüller verhindert. Sie ließ sich von Martin Graf vertreten. Graf ist eben Mitglied der rechtsextremen Burschenschaft Olympia, die immer wieder Neonazis einlädt. Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) reagierte laut Profil entsetzt. "Solange Nationalratsabgeordneter Mag. Dr. Martin Graf im Kuratorium des Nationalfonds zugegen ist, wird die Kultusgemeinde ihr Mandat ruhend stellen", schreibt IKG-Präsident Oskar Deutsch in einem Brief an Nationalratspräsident Sobotka. Graf sei für seine extremistische Haltung bekannt und seine Burscheschaft sei ein "Hotspot für rechtsextreme Umtriebe".

Selbst Parteifreund David Lasar, bisher einziger jüdischer Abgeordnete der Freiheitlichen, verzichtete vergangene Woche auf eine erneute Kandidatur für die FPÖ, weil er nicht hinter Graf antreten wolle.

Bisher Teilnahme verwehrt

Während seiner Zeit als Dritter Nationalratspräsident (2008 bis 2013) hätte Graf laut Gesetz dem Kuratorium angehört. Allerdings verwehrte die verstorbenen Präsidentin Barbara Prammer ihm die Berufung in das Gremium.

Die SPÖ reagierte auch am Donnerstag via Aussendung: Grafs Teilnahme sei untragbar, es sei ein Affront, so Abgeordnete Sabine Schatz. Sie fordert Präsident Sobotka zum Handeln auf. Nationalratspräsident Sobotka verurteilte in einer – der APA übermittelten Stellungnahme – das Vorgehen der FPÖ, ohne sie direkt zu nennen. Im Fokus des Nationalfonds stünden die "Versöhnung mit allen Opfern des nationalsozialistischen Terrorregimes" und "der hierzu erforderliche Dialog". "Die Nominierung von Personen, die von wichtigen Institutionen als Provokation empfunden wird, konterkariert dieses Ziel und gefährdet die gemeinsame Arbeit für die Opfer des Nationalsozialismus", stellte Sobotka fest. Und merkte an, dass er "nicht unmittelbar darauf Einfluss nehmen kann, welche Personen für das Kuratorium des Nationalfonds von den im Parlament vertretenen Parteien nominiert werden". Aber er mahnte "besondere Sensibilität aller Parteien" ein, den Dialog aller Betroffenen "jetzt und auch in Zukunft aufrecht zu erhalten".

FPÖ spricht von "künstlicher Empörung"

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker weist die Kritik zurück. Er sprach Donnerstag in einer Aussendung von "künstlicher Empörung" – sei Graf doch von anderen mit Handschlag begrüßt und "in einer sehr positiven Stimmung auch Smalltalk mit ihm geführt" worden.

Außerdem merkte Hafenecker an, dass Graf "immer schon ein Mann des Dialogs" gewesen sei – und dass "gegen unseren Abgeordneten nichts Verwerfliches" vorliege. Er "warne davor, dass man Menschen, die sich nichts zuschulden kommen haben lassen an den Pranger stellt" – und dass durch einen solchen Diskurs "Menschen am Ende des Tages in ihrer bürgerlichen Existenz möglicherweise bedroht werden könnten". Zudem gebe es keine Abgeordneten zweiter Klasse, "jeder von uns ist demokratisch legitimiert".

Als "Provokation" empfand Jetzt-Menschenrechtssprecherin Alma Zadic die Entsendung Grafs. An der Kuratoriumssitzung würden sowohl Opferorganisationen als auch Menschen teilnehmen, deren Familienmitglieder in der NS-Zeit ermordet wurden. "Sie müssen sich diese Provokation nicht bieten lassen", war für Zadic auch die Reaktion der Israelitische Kultusgemeinde verständlich. Sie forderte Sobotka auf, hier klar Grenzen ziehen. (red, APA, 20.6.2019)