Eine wiederkäuende "Küchenkuh" erzeugt Biogas und macht den Haushalt autark.

Foto: EOOS

"SOV – Social Vehicle" kann in kleinen Werkstätten umgebaut werden...

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und etwa mit Solarzellen ausgestattet werden.

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Die "Mond landefähre" verwandelt Urin in Energie.

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Die Kartoffelschalen landen nicht im Biomüll, stattdessen rutschen sie durch ein Loch in der Küchenarbeitsfläche in ein bauchiges Glas, werden dort zermahlen und durch einen chemischen Prozess in Biogas umgewandelt, das in einem Luftkissen gespeichert wird. Mit der so gewonnenen Energie wird auf dem integrierten Herd direkt das Kochwasser für das Kartoffelpüree erwärmt.

Das klingt sonderbar? Könnte aber in Zukunft funktionieren. Zumindest gibt es bereits konkrete Gespräche über eine Um setzung des Projekts mit der Abteilung für Biogaserzeugung an der Universität für Bodenkultur in Wien.

Vorerst ist die "Küchenkuh" genannte Konstruktion noch Teil der Designausstellung "Klimawandel! Vom Massenkonsum zur nachhaltigen Qualitätsgesellschaft", die im Rahmen der Vienna Biennale for Change 2019 noch bis zum 6. Oktober 2019 im Wiener Museum für angewandte Kunst (Mak) zu sehen ist. Die dafür vom Wiener Designstudio EOOS konzipierten Objekte sollen Ideen und Visionen für ein nachhaltigeres, ökologischeres Leben abseits des Massenkonsums aufwerfen.

Konkrete Utopie

An den war lange das Ver sprechen eines besseren Lebens gebunden: das neueste, immer leistungsstärkere Auto, der größere Kühlschrank und natürlich die billige Flugreise. Nachdem die Bewusstseinsänderung eingesetzt hat, stehen wir nun am Beginn eines drastischen Wandels. Der globale CO2-Fußabdruck muss kleiner werden, der Verkehr soll dekarbonisiert werden, der Wegwerfkonsum soll durch Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit in allen Lebensbereichen ersetzt werden.

Doch wie müssen wir in Zukunft unsere Fortbewegungs mittel bauen, wie werden unsere Küchen und Toiletten aussehen? Transformationsdesign ist das Stichwort, unter dem Soziologen, Architekten und Designer seit einigen Jahren über die Neu gestaltung von Lebensräumen vor dem Hintergrund von Klimawandel und Ressourcenverknappung nachdenken. "Dabei handelt es sich um eine Designhaltung, die ganz bewusst den Status quo hinterfragt und erste Schritte in neue Richtungen setz", sagt Harald Gründl von EOOS.

Wohin sich das bewegen könnte, zeigt das Objekt "SOV – Social Vehincle" sehr konkret und anschaulich.

Dabei handelt es sich um ein sehr kompaktes Elektroleichtfahrzeug mit drei Sitzplätzen, das mit einer Open-Design-Lizenz in kleinen, lokalen Werkstätten gebaut, verbessert und repariert werden kann, wie die Designer versprechen. Statt einer schweren Batterie, wie sie in anderen Elektroautos üblich ist, kommt eine schnell wechselbare Batterie mit nur zwölf Kilogramm Gewicht zum Einsatz. Zum Vergleich: Aktuelle Elektroautomodelle haben Batterien mit einem Gewicht zwischen 200 und 300 Kilogramm, das reichweitenstarke Tesla Model S kommt sogar auf ein Batteriegewicht von etwa 750 Kilogramm.

Über die Dauer der Ausstellung im Mak wird das Social Vehicle in einem partizipativen Design workshop weiterentwickelt. Eine Erweiterungsmöglichkeit wäre es etwa, ein Solarpanel auf dem Dach des SOV-Fahrzeugs anzubringen und so eine weitere Energiequelle anzuzapfen. "Wir wollen zeigen, dass Mobilität nicht nur von den großen Autoherstellern, die ihren Produktionsprozess globalisiert haben, kommen muss", erklärt Gründl. Große Teile des SOV könne man auch lokal fertigen, sagt der Designer. Die Herausforderung sei vor allem, "die Dinge so zu entwerfen, dass sie gut ausschauen und die Menschen sie gerne verwenden".

Energie aus Urin

Mal schauen, ob auch das Design des "Lunar Lander" die Konsumenten überzeugt. Das optisch an eine Mondlandefähre erinnernde Ausstellungsobjekt wurde zusammen mit Wissenschaftern entwickelt und verdankt seinen Namen der Weltraumästhetik der 1960er-Jahre. Das Objekt soll allerdings einen sehr bodenständigen Zweck er füllen. Der Lunar Lander leitet Urin, der über ein Urinal gesammelt wird, durch Hightechbatterien (MFC, Microbial Fluel Cells) und produziert auf diese Weise Strom. Die transformative Technologie wurde vom Bristol Robotics Lab an der University of West England entwickelt – ursprünglich, um Bioroboter autark mit Energie aus biologischen Nährstoffen zu betreiben. 85 Liter Urin erzeugen in einer Brennstoff zelleneinheit eine Kilowattstunde Energie.

Darunter können Sie sich noch nicht viel vorstellen? Verlegen wir das Beispiel vom Mond auf die Wiener Donauinsel: Wenn alle Besucherinnen und Besucher des Donauinselfestes die Lunar -Lander-Toilette benutzen und pro Besucher 350 ml Urin hinterlassen würden, ergäbe das genügend Energie, um 30 Millionen Stunden telefonieren zu können. Hat was.