Im Konflikt mit dem Iran machen die USA dieser Tage Ernst: In der Nacht zum Freitag waren die US-Armeeflugzeuge bereits auf dem Weg in Richtung Teheran. Erst in letzter Sekunde habe US-Präsident Donald Trump den Angriff wieder abgesagt. Die US-Luftfahrtbehörde verbietet seither Flüge von Passagiermaschinen über den Iran und den Golf von Oman. Die Lage bleibt angespannt, die Kriegsgefahr nicht unerheblich.

Umso erstaunlicher, dass ausgerechnet aus Israel in diesen Tagen nur wenig dazu zu hören ist. Selbst Premier Benjamin Netanjahu hält sich zurück – derselbe Mann, der in den vergangenen Jahren kaum eine Gelegenheit ausgelassen hat, vor dem iranischen Mullah-Regime und dessen Bestrebungen, sich atomar aufzurüsten, zu warnen.

Vor einigen Jahren soll Netanjahu bereits kurz davor gestanden sein, die Nuklearanlagen des Iran anzugreifen. Nun aber rief er am Donnerstag in einem Video auf Facebook lediglich andere "friedensliebende Staaten" dazu auf, den USA in ihrem Bemühen, die iranischen Aggressionen zu stoppen, beizustehen. "Israel steht hierbei auf der Seite der Vereinigten Staaten", sagte Netanjahu.

Der Premier scheint derzeit darauf bedacht, nicht als derjenige angesehen zu werden, der eine Eskalation anheizt. Eine ähnliche Rolle fiel ihm schon einmal zu, 2002, als er – damals als Privatperson – vor dem US-Kongress den Einmarsch in den Irak und den Sturz von Saddam Hussein empfahl. Was folgte, ist hinlänglich bekannt: Massenvernichtungswaffen wurden nicht gefunden, die Destabilisierung der gesamten Region war die Folge.

In den Konflikt hineingezogen

Hinzu kommt: Netanjahu muss in diesem Fall gar nicht mehr groß anheizen. Denn die Amerikaner vertreten in Sachen Iran nahezu dieselben Interessen wie Israel. Trump hat den Nukleardeal mit dem Iran im vergangenen Jahr aufgekündigt – genau das, was Netanjahu wollte.

Groß ist hingegen die Gefahr, dass Israel, viel schneller als gewollt, selbst in den Konflikt mit hineingezogen werden könnte. Mit weitreichenden Folgen. Nicht umsonst soll Netanjahu in dieser Woche gleich zwei Mal das Sicherheitskabinett einberufen haben. In der kommenden Woche werden außerdem die Sicherheitsberater von Russland und den USA mit ihrem Amtskollegen in Israel zusammenkommen, um über den Iran zu diskutieren.

Israel ist vor allem direkt an seinen Grenzen bedroht. Schließlich ist das Land von iranischen Stellvertretern umgeben: In Syrien, so warnt Israel immer wieder, ist das Mullah-Regime bestrebt, sich an der Grenze zu etablieren. Mit gezielten Angriffen versucht Israel immer wieder, das zu unterbinden. Im Libanon sitzt die Hisbollah, die regelmäßig Waffenlieferungen aus dem Iran erhält. Mehr als 120.000 Raketen stehen dort Berichten zufolge für Angriffe auf Israel bereit. Erst am Donnerstag hat Israels Armee eine mehrtägige, groß angelegte Militärübung beendet, bei der auch Kämpfe im Libanon simuliert wurden. Die Armee will auf einen Krieg an der Nordgrenze vorbereitet sein. (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 21.6.2019)