Über Gott unterhalten sich Peter Pilz und Pamela Rendi-Wagner eher nicht – die beiden sind die am wenigsten gläubigen Spitzenkandidaten

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Altkanzler Sebastian Kurz ist ein gläubiger Katholik – alles andere wäre als ÖVP-Obmann auch eine große Überraschung. Nachdem vor einer Woche rund zehntausend Gläubige nach Anleitung eines freikirchlichen Predigers für Kurz beteten, stand die Religiosität des Altkanzlers im Fokus. Der gibt an, in einer "gewissen Regelmäßigkeit" in die Kirche zu gehen, Religion aber als "Privatsache" zu behandeln. Eine Rundruf des STANDARD bei den Spitzenkandidaten zur Nationalratswahl zeigt, dass es nicht jeder so hält wie Kurz.

Rendi-Wagner glaubt nicht an Gott

Traditionell findet man in der österreichischen Sozialdemokratie wenige Spitzenfunktionäre mit religiösem Bekenntnis. Auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner ist in keiner Kirchengemeinschaft Mitglied. "Religiöse Feiertage und Traditionen" begehe sie dennoch gerne mit ihrer Familie, erzählt sie auf Anfrage des STANDARD. In der Kirche treffe man sie allerdings nur zu Anlässen wie Hochzeiten oder Taufen.

Ob Rendi-Wagner an Gott glaubt? "Glauben nicht, aber ich kann nicht ausschließen, dass es ihn gibt", sagt die Sozialdemokratin. Es sei ihr aber wichtig, dass in Bezug auf Religion und Glaube jeder Mensch "für sich selbst entscheiden" könne, wie er dazu steht. "Ich habe großes Verständnis dafür, dass der Glaube vielen Menschen Stabilität und vor allem Rückhalt in schwierigen Situationen gibt."

Hofer betet fast täglich

Mit der katholischen Kirche dürfte sich FPÖ-Obmann Norbert Hofer wieder versöhnt haben. Er habe ein "sehr gutes Verhältnis" zu ihr, sagt er. Das war nicht immer so. Im Jahr 2009 trat Hofer aus der Kirche aus, nachdem sich eine Gruppe von Theologen gegen die Verwendung christlicher Symbole im Wahlkampf der FPÖ ausgesprochen hatte. Damals wetterte Hofer über eine "dumme, heuchlerische Hexenjagd" und konvertierte zur evangelischen Kirche.

Seitdem habe er aber "viele Gespräche mit Vertretern der katholischen Kirche geführt – auch mit Kardinal Christoph Schönborn, sagt Hofer dem STANDARD. Mit Gott spreche er "an den meisten Tagen", und zwar im Gebet.

Der persönliche Glaube habe eine Auswirkung auf das Handeln des Menschen, und zwar so, "wie ein Parteiprogramm eine Auswirkung auf das politische Handeln" hat, erklärt Hofer.

Meinl-Reisinger trat wieder in die Kirche ein

Als Studentin trat die katholisch getaufte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger aus der Kirche aus. Ihre Gründe waren damals die HIV-Politik der Katholiken in Afrika und die Rolle der Frau in der Kirche – es war ein Protestaustritt, wie sie betont.

Heute ist sie wieder registrierte Katholikin und ließ auch ihre ersten beiden Töchter taufen. Das dritte Kind wird das erste Sakrament bald empfangen. Umgestimmt hatte Meinl-Reisinger eine "persönlich schwierige Situation", in der sie sich einem Priester anvertraute. Sie habe sich verstanden gefühlt und dadurch wieder den Wert christlicher Gemeinschaft erkannt.

Grundsätzlich hält die Neos-Vorsitzende Religion für eine private Angelegenheit. Eine klare Trennung von Kirche und Staat begrüßt sie. In die Kirche gehe sie "zu besonderen Anlässen", manchmal besuche sie mit der Familie Kindergottesdienste.

Peter Pilz glaubt an kein Wesen über ihm

Mit Religion hat Peter Pilz "nichts zu tun", sagt er zum STANDARD. "Ich respektiere die Religiosität anderer Menschen, bin persönlich aber unbelastet", erklärt Pilz. Seine Eltern haben ihn nicht taufen lassen, und er glaube sowieso "an nichts über mir", scherzt der Jetzt-Gründer.

Damit steht Pilz in einer langen Tradition linker Politiker, die kritisch bis gleichgültig gegenüber der Kirche auftreten. Der Liste-Jetzt-Abgeordnete Alfred Noll kämpfte etwa dafür, Religion aus den Schulen zu verbannen. Er sei für eine "strikte Trennung von Staat und Religion", sagte Noll einst, weil dies auch "die notwendige Voraussetzung für alle Zugewanderten" sei.

Pilz' Partei trat für gemeinsamen Ethik- statt konfessionell getrennten Religionsunterricht ein. Zudem kämpfte die Partei politisch gegen Kreuze in Klassenzimmern.

Für Kogler ist "alles relativ"

Das grüne Urgestein Werner Kogler ist römisch-katholisch. Außer zu Taufen, Hochzeiten oder Beerdigungen treffe man ihn allerdings nicht in der Kirche an, gibt er zu. Die Frage nach seinem persönlichen Glauben beantwortet er eher verschwurbelt: "Für mich ist alles relativ, also gibt es nichts Absolutes."

Insbesondere im Westen haben die Grünen zahlreiche Anhänger, die sich als gläubige Christen definieren. Entsprechend heikel ist das Thema für die Partei. Kogler sagt, ihm sei wichtig, "den Glauben der einzelnen Menschen zu respektieren und auf Religionsfreiheit zu achten". Der oberste Maßstab des gesellschaftlichen Zusammenlebens seien aber Demokratie, der liberale Rechtsstaat und damit verbundene Toleranz. "Deshalb sind totalitäre Ansprüche aus fundamental-religiösen Behauptungen zurückzuweisen und zu bekämpfen." (Katharina Mittelstaedt, Fabian Schmid, 22.6.2019)