Tirol will Navi-Ausweicher ausbremsen.

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Innsbruck/München – "Die Fahrverbote wirken." Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) zog nach dem ersten Wochenende, an dem die verkehrsbeschränkenden Maßnahmen für das niederrangige Straßennetz in den Bezirken Innsbruck und Innsbruck-Land in Kraft waren, zufrieden Bilanz. Die von der Landesregierung verordnete Notmaßnahme, die dem Durchreiseverkehr die Nutzung bestimmter Straßen untersagt, habe für die betroffenen Orte eine "deutlich spürbare Entlastung gebracht", sagte Platter.

Die Tiroler Exekutive hatte am Samstag und Sonntag an neuralgischen Punkten entlang der Inntal- und Brennerautobahn abfahrende Verkehrsteilnehmer, die über Nebenstraßen Verkehrsbehinderungen ausweichen oder die Maut sparen wollten, zurückgewiesen. Rund 1000 solcher Zurückweisungen seien vorgenommen worden, so die Bilanz. Die Mehrheit der Lenkerinnen und Lenker habe sich dabei kooperativ gezeigt.

Erfahrungen auswerten

Man werde die Erfahrungen mit den Fahrverboten des vergangenen Wochenendes nun auswerten und im Bedarfsfall adaptieren, erklärte Platter. Er kündigte an, die Beschränkungen, die bis 14. September jeweils tagsüber an den Wochenenden sowie am 15. August gelten, auf die Bezirke Reutte sowie Kufstein auszuweiten.

Denn auch dort leiden die Anrainer zunehmend unter dem enormen Durchreiseverkehr. Oft sind ganze Ortschaften stundenlang nicht mehr erreichbar, was für die Bewohner neben Unannehmlichkeiten auch zu gefährlichen Situationen führen kann. Etwa wenn für Einsatzfahrzeuge im Notfall kein Durchkommen mehr möglich ist, wie das jüngst in Ortschaften um Innsbruck der Fall gewesen ist.

"Nationalistische Ideen"

In Bayern zeigt man dennoch wenig Verständnis für die Verkehrsbeschränkungen und sieht das nachbarschaftliche Verhältnis dadurch belastet. Die CSU wirft den Tirolern "nationalistische Ideen" vor. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte schon am Wochenende eine Klage gegen Österreich beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) gefordert. Der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer, ebenfalls CSU, unterstützt diese Forderung Söders. Er und Söder fühlen sich ob der Beschränkungen "diskriminiert" und wollen klagen.

Neben den temporären Fahrverboten, die Scheuer als "Politkampagne" Tirols versteht, soll auch die Lkw-Blockabfertigung Gegenstand des juristischen Protests sein. Bis die Klage allerdings spruchreif ist, wird noch einige Zeit vergehen. Denn Scheuer benötigt dafür die Zustimmung des Kabinetts aus CDU und SPD in Berlin. Erst dann kann die EU-Kommission tätig werden und binnen drei Monaten eine Stellungnahme zum Thema ausarbeiten. Danach kann die Klage beim EuGH eingereicht werden.

In Tirol sieht man das Säbelrasseln der Bayern gelassen und erachtet die Klagsdrohung vielmehr als beleidigte Retourkutsche für die deutsche Niederlage in Sachen Pkw-Maut. Die temporären Fahrverbote seien vorab geprüft und von Experten für europarechtlich in Ordnung befunden worden, betonte die Landesregierung. Platter schlug seinen deutschen Kollegen vor, besser gemeinsam Verkehrslösungen für die Bevölkerung in Bayern und Tirol zu erarbeiten. (Steffen Arora, 25.6.2019)