"My Friend Pedro"
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Foto: My Friend Pedro

In Zeitlupe schaut alles ästhetischer aus – besonders atemlos rasante Actionszenen. Das ist nicht erst seit den Slow-Motion-Hongkong-Opern eines John Woo und der "bullet time" von "Matrix" bekannt. Auch Videospiele verwenden seit längerem Zeitlupeneffekte als spielmechanische Elemente, um zum Beispiel die akrobatischen Hechtsprünge und wilden Schießereien eines Max Payne filmreif zu inszenieren. Das Indie-Spiel My Friend Pedro (Windows, Switch, 16,79 Euro) darf sich ab sofort als neue Style-Referenz in Sachen Zeitlupen-Action im Videospiel fühlen, denn so konsequent wurde die Verbindung von Akrobatik, absurd-bombastischem Shooter und ästhetischer Langsamkeit niemals zuvor zelebriert.

Die Handlung ist ebenso nebensächlich wie sympathisch-absurd: Als Maskierter ohne Gedächtnis wird man bei Spielbeginn von einer schwebenden Banane namens Pedro zu einem blutigen Rachefeldzug gegen örtliche Gangster und ihre Hintermänner ermuntert, eine Aufgabe, die in der vier Stunden langen Kampagne durch Lagerhallen, Kanäle und eine futuristische Stadt führen wird. Mit genreüblichen Schussgeräten wie Pistolen, Pumpguns und automatischen Waffen, vor allem aber der Fähigkeit, die Zeit für eine großzügige Dauer zu verlangsamen, bahnt sich der überaus akrobatische Rächer nun seinen Weg von links nach rechts durch hunderte unterschiedlich stark bewaffnete und gepanzerte Gegner.

Als Sidescroller in 2D lebt My Friend Pedro von seinen sorgsam gestalteten Levels, in denen sich laufend Gelegenheit zur kreativen Interaktion und Bewegung bietet: Man darf von Seilen und an Haken schwingen, sich springend von Wänden, Gegnern und Gegenständen abstoßen, Pirouetten drehen, um Kugeln auszuweichen, oder auf Fässern und Skateboards rollen. Vor allem in der – sich rasch wieder aufladenden – Zeitlupe gelingen dabei schnell absurd akrobatische Manöver, die auch den überdrehtesten Actionfilmen mühelos Konkurrenz machen.

Im späteren Spielverlauf warten außerdem verspielte Traumlevels, eine Handvoll Bosskämpfe sowie ein paar sanfte Rätsel- sowie Sprungpassagen. Zentral bleiben jedoch möglichst stylische Shootouts; am Ende jeden Levels gibt es dafür Punkte und die jeweils rasanteste Szene als exportierbares Gif zur Erinnerung.

DevolverDigital

Was ist gelungen?

My Friend Pedro schafft es mühelos, chaotische und aberwitzige Schusswechsel und Actionszenen filmreif zu inszenieren, ohne absurde Joypad-Akrobatik vorauszusetzen. Stylischer als hier hat man sich kaum jemals zuvor in einem Run-&-Gun-Spiel bewegt. Gelungene Präsentation, vor allem aber ein treibender Soundtrack setzen die Action passend in Szene. Dank bizarrer Story und schwarzem Humor wird dem Blutbad überdies viel von seiner Härte genommen – für Zartbesaitete ist es allerdings definitiv nichts.

Was ist weniger gelungen?

Nach vier Stunden Kampagne kommen zwar – theoretisch – ein Neustart und der Kampf um hohe Scores und Perfektion, doch viel Langzeitmotivation hat die Banane letztlich nicht zu bieten. Auch kommt in der zweiten Hälfte des Spiels mit einigen stark rätsel- und sprungbetonten Passagen der starke Shooterpart etwas zu kurz – schade. Wie erwähnt, ist auch die exzessive Gewalt trotz aller unernsten Cartoonhaftigkeit sicher nicht nach jedermanns Geschmack.

Fazit

My Friend Pedro ist ein weiterer Beleg dafür, dass der inzwischen zehn Jahre alte Indie-Publisher Devolver Digital kaum etwas falsch macht: Wie der Klassiker Hotline Miami oder jüngst Gato Roboto bürgt man auch mit dem Zeitlupenmassaker aus der Hand des schwedischen Ministudios Dead Toast Entertainment für rasante Indie-Qualität. Freunde brachialer Indie-Shooter kommen diesen Sommer an der Banane nicht vorbei. Ein Tipp: Das Original-Pedro ist übrigens als kostenloses Flash-Spiel noch immer verfügbar. (Rainer Sigl, 26.6.2019)