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Gabrielle Aboudi Onguene ist außer sich.

Foto: REUTERS/Phil Noble

Valenciennes/Frankfurt – Bastian Dankert sah fast immer entspannt aus, als er eingeblendet wurde – und der deutsche Videoassistent war während des WM-Achtelfinals zwischen England und Kamerun (3:0) wahrlich oft im Bild. Schließlich verursachte der 39 Jahre alte Rostocker einen Streik, weinende Fußballerinnen und 17 Minuten Nachspielzeit. Der englische Trainer Phil Neville sprach hinterher von einer Schande – bezog sich damit aber explizit nicht auf Dankert.

"Ich schäme mich zutiefst für unseren Gegner", kommentierte Neville die kurzzeitige Arbeitsverweigerung und die wüsten Proteste der Afrikanerinnen in Richtung der chinesischen Schiedsrichterin Liang Qin: "Zu Beginn meiner Trainerkarriere hat Arsene Wenger zu mir gesagt, dass die Mannschaft den Coach widerspiegelt. Wenn das meine Spielerinnen gewesen wären, würden sie nie mehr für England spielen."

"Das Ganze hatte nichts mit Fußball zu tun"

Der 59-fache englische Nationalspieler hatte keinerlei Verständnis für das Verhalten der Kamerunerinnen, die seiner Meinung nach ihrer Vorbildrolle nicht gerecht wurden – strittige Videobeweis-Entscheidungen zu Beginn der K.-o-Phase hin oder her.

"Die Fortsetzung der Begegnung stand mehrfach auf der Kippe. Das Ganze hatte nichts mit Fußball zu tun. Das war eines WM-Achtelfinals nicht würdig. Ich konnte die Partie nicht genießen, meine Spielerinnen konnten die Partie nicht genießen", sagte Neville. "Das Spiel wurde weltweit übertragen. Alle jungen Fußballerinnen auf dem Planeten konnten dieses Verhalten sehen."

Die Kamerunerinnen hatten sich nach dem 0:2 für kurze Zeit geweigert, das Spiel fortzusetzen. Sie fühlten sich benachteiligt, weil beim Treffer von Ellen White (45.+4) zunächst auf Abseits entschieden worden war. Dankert griff allerdings zu Recht ein, White stand klar nicht im Abseits.

Tränen bei vermeintlicher Torschützin

Die Stimmung kippte erneut, als der Anschlusstreffer durch Ajara Nchout (48.) nach Videobeweis zurückgenommen wurde. Die vermeintliche Torschützin brach daraufhin in Tränen aus und schien dem Zusammenbruch nahe, auf dem Platz wie an der Seitenlinie arteten die Proteste aus.

In allen Achtelfinals am Wochenende sorgte der Videobeweis für Aufregung. Die Deutschen hatten bei ihrem Sieg gegen Nigeria (3:0) beim Führungstor Glück – ob eine Spielerin im aktiven oder passiven Abseits stand, war diskutabel.

Bei der Partie zwischen Norwegen und Australien (4:1 im Elfmeterschießen) konferierte die Schiedsrichterin minutenlang mit ihrem Videoassistenten wegen eines Handspiels im Strafraum.

Beim Spiel von Gastgeber Frankreich gegen Brasilien (2:1 nach Verlängerung) wurde der vermeintliche Führungstreffer durch Valerie Gauvin (23.) nach fünfminütiger Diskussion zurückgenommen, weil sie Torfrau Barbara beim Abschluss behindert hatte.

Immerhin hatte der Weltverband Fifa schon als Zwischenfazit nach der Vorrunde eingeräumt, dass nicht alles rund gelaufen sei. "Ich muss zugeben, dass ein paar Fehler gemacht worden sind", hatte Schiedsrichterboss Pierluigi Collina gesagt. "Das ist zwar verständlich, aber es sollte nicht passieren. Ich bedauere das." (sid, 24.6.2019)