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30. Juni 1994, Sheraton Park Plaza Hotel, Dallas. Maradona: "Ich hab nicht gedopt, die Fifa jagt mich."

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Mitte Juni tauchte der Name Diego Maradona wieder einmal auf. Dass der frühere Superstar aus gesundheitlichen Gründen als Trainer des mexikanischen Zweitligisten Dorados de Sinaloa zurücktrat, war aber nur eine Randnotiz. Vor 25 Jahren sah das ganz anders aus, da bestimmte der Argentinier weltweit die Schlagzeilen – allerdings nicht durch sein fußballerisches Können.

Am 25. Juni 1994 wurde das einstige Genie nach dem 2:1 im WM-Spiel gegen Nigeria im Foxboro Stadium zur Dopingprobe gebeten. Als der in seiner Heimat als Heiliger verehrte Maradona Hand in Hand mit einer Krankenschwester Richtung Kontrollraum schlenderte, scherzte er noch mit Journalisten und küsste demonstrativ das Emblem auf seinem Trikot. Doch da ahnte die Hand Gottes, wie Maradona seit seinem Handtor gegen England bei der WM 1986 in Mexiko genannt wurde, wahrscheinlich schon, was die Stunde geschlagen hatte.

Sechs Stunden vor Argentiniens drittem Gruppenspiel am 30. Juni gegen Bulgarien gab der Weltverband Fifa auf einer Pressekonferenz bekannt, dass im Urin des Weltmeister-Kapitäns von 1986 fünf verschiedene Formen der leistungssteigernden Substanz Ephedrin nachgewiesen worden waren. "Er muss einen Dopingcocktail zu sich genommen haben, denn die fünf nachgewiesenen Substanzen finden sich in keinem einzigen Medikament wieder", sagte damals der bei der Fifa verantwortliche belgische Arzt Michel d'Hooghe.

Maradona wurde nach einem chaotischen Testverfahren sowie einem seltsamen Dialog zwischen dem Weltverband Fifa und dem argentinischen Verband Afa von der WM ausgeschlossen.

Das große Wehklagen

"Sie haben mir die Beine abgeschnitten", jammerte der überführte Dopingsünder nach seinem 91. und letzten Länderspiel. Argentinien versank in Trauer. "Schmerz", titelte die Tageszeitung "Pagina 12" aus Buenos Aires über den Zustand im Land.

Dabei war man Kummer im Zusammenhang mit Maradona gewöhnt. Drei Jahre vor dem Dopingskandal in den USA war der frühere Italien-Legionär wegen Kokainmissbrauchs für 15 Monate gesperrt worden. Die Karriere von El Pibe d'Oro, dem Goldjungen, schien beendet. Keiner hätte gedacht, dass er nach seiner Entziehungskur noch einmal auf den Rasen zurückkehren würde.

Nach einem Gastspiel in Spanien beim FC Sevilla und einer Episode bei Newell's Old Boys wurde er von Nationaltrainer Alfio Basile im Alter von 33 Jahren reaktiviert und hatte maßgeblichen Anteil an der erfolgreichen Qualifikation für die Endrunde. "Ich habe die Leute satt, die sagten, dass ich fett sei und nicht mehr der wahre Maradona. Sie werden den wahren Diego bei der WM sehen", sagte er großspurig vor der Abreise in die USA.

Dort führte er im Spätherbst seiner Karriere seine Elf nach einem furiosen 4:0 über Griechenland auch zum 2:1 über Nigeria. Gegen die Afrikaner bereitete Maradona beide Tore von Claudio Caniggia vor. Unvergessen sein überschäumender Jubel in die TV-Kamera, ehe das Unheil seinen Lauf nahm. Was folgte, war der größte Absturz eines einst gefeierten Superstars im Weltfußball. (sid, red, 24.6.2019)

Ludwig Rosenberg