Hunderte Palästinenser demonstrierten am Montag gegen die am Dienstag beginnende Konferenz und den Wirtschaftsplan von Jared Kushner.

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Wenn es nach Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner geht, blicken die Palästinenser rosigen Zeiten entgegen: Mit Investitionen in Höhe von 50 Milliarden Dollar soll innerhalb der nächsten zehn Jahre unter anderem die Armut halbiert, der Tourismus angekurbelt, ein Korridor zwischen dem Gazastreifen und dem Westjordanland gebaut und eine Million Arbeitsplätze geschaffen werden. So steht es jedenfalls in der 40-seitigen Broschüre, in der Kushner zusammen mit dem Nahost-Sondergesandten Jason Greenblatt seine wirtschaftlichen Pläne für die Region zusammenfasst.

Nach Ansichten Kushners muss das reichen, um die Palästinenser glücklich zu machen: Zwischen den Textpassagen finden sich Bilder von lächelnden Kindern und zufriedenen Erwachsenen. Von der Zweistaatenlösung ist in dem Text, wie erwartet, nichts zu lesen. Am Dienstag wollen die USA diesen ersten Teil ihres ultimativen Friedensdeals bei einer zum "Workshop" herabgestuften Konferenz in Bahrains Hauptstadt Manama vorstellen.

Die Palästinenser sind allerdings alles andere als glücklich über die Pläne der US-Regierung. Sie pochen auf Unabhängigkeit und Souveränität – und wollen sich nicht kaufen lassen: "Geld ist wichtig. Die Wirtschaft ist wichtig. Aber die Politik ist wichtiger", sagte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bereits am Sonntag bei einer Pressekonferenz in Ramallah. Erst wenn es eine politische Lösung, basierend auf internationalem Recht und einer Zweistaatenlösung, gebe, werde man derartige Hilfen willkommen heißen. "Bislang lehnen wir den Deal des Jahrhunderts ab", so Abbas. Für ihn steht fest: "Die Konferenz wird nicht erfolgreich sein."

Keine Zweistaatenlösung

Politische Ziele wollen Kushner und sein Team erst in einem zweiten Teil des Friedensplans formulieren. Dieser soll möglicherweise im November veröffentlicht werden, nach den Neuwahlen in Israel, die im September stattfinden. Dass aber auch darin die Zweistaatenlösung nicht mehr auftauchen dürfte, hat sich in den vergangenen Wochen herauskristallisiert: Zuletzt sagte der US-Botschafter in Israel, David Friedman, Israel habe das Recht, Teile des Westjordanlandes zu annektieren. Das würde eine Zweistaatenlösung nahezu unmöglich machen.

Zuvor hatte US-Präsident Trump Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt und die US-Botschaft dorthin verlegt. Die Palästinenser beanspruchen Ostjerusalem allerdings als Hauptstadt ihres zukünftigen Staates. Sie lehnen die USA seither als Vermittler im Nahostkonflikt ab – und boykottieren nun die Konferenz in Bahrain. Nur vereinzelte Geschäftsleute werden erwartet.

US-Hilfszahlungen eingestellt

Dabei hätten die Palästinenser Wirtschaftshilfen derzeit dringend nötig: Ihnen fehlen Berichten zufolge rund 700 Millionen US-Dollar. Die USA haben in den vergangenen Monaten ihre Hilfszahlungen eingestellt. Obendrein haben die Israelis die Überweisung von Steuergeldern gekürzt, welche sie für die Palästinenser einsammeln. Der Grund: Die Palästinenserführung unterstützt mit dem Geld auch Familien, deren Angehörige Israelis getötet haben oder anderweitig ein Sicherheitsrisiko für Israel darstellen. Israel sieht in ihnen Terroristen. Für die Palästinenser sind diese Menschen Märtyrer. Sie lehnen seither die gesamten Steuerüberweisungen aus Protest ab.

Ganz anders sieht der Workshop in Bahrain aus der Sicht der Israelis aus. Zwar wird auch aus dem jüdischen Staat nur eine Wirtschaftsdelegation anreisen – Regierungsvertreter sind nicht geladen. Doch die Israelis wissen um die proisraelische Ausrichtung der derzeitigen US-Administration. Bezeichnend war daher auch der Besuch von US-Sicherheitsberater John Bolton am Sonntag in Israel. Bolton trug eine weiße Baseballkappe mit der israelischen und der amerikanischen Flagge. Premier Benjamin Netanjahu erklärte bei einer Tour mit Bolton im Jordantal: "Wir werden die US-Vorschläge anhören, fair und offen. Ich kann nicht verstehen, wie die Palästinenser den Plan geradeheraus ablehnen, ohne ihn überhaupt gehört zu haben."

Doch inwiefern die israelische Regierung den Plänen zustimmen wird, bleibt abzuwarten: Denn schon einmal gab es die Idee, eine Verbindung zwischen dem Westjordanland und dem Gazastreifen zu schaffen, wie es Kushner vorschwebt. Israel war damals aus Sicherheitsgründen dagegen. (Lissy Kaufmann aus Ramallah und Tel Aviv, 24.6.2019)