Die Zeichen standen schon vor der Absage des Freundschaftsspiels an der Wand.

Foto: APA/EXPA/THOMAS HAUMER

Spielerinnen und offizielle Vertreter des Teams Vatikan verlassen den Platz aus Protest.

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Anti-Homophobie-Transparente am Spielfeldrand.

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Wien – Das geplante Debüt des Frauen-Fußballteams des Vatikans gegen den FC Mariahilf platzte am Samstag in Wien, weil die Gäste aus Protest gegen politische Botschaften nicht mehr antreten wollten. Drei Spielerinnen, Marianne, Franzi und Louise (Namen der Redaktion bekannt), hatten Zeichen gegen Homophobie und für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch gesetzt.

STANDARD: Ihr Protest war nicht nur in Österreich, sondern auch in deutschen Medien Tagesthema. Haben Sie damit gerechnet, dass Ihre Aktion so hohe Wellen schlägt?

Louise: Unser Protest hat Gehör gefunden. Das ist wertvoll. Es war uns bewusst, dass wir in einen Konflikt gehen. Wir haben damit gerechnet, dass unsere Aktion provoziert. Wir haben aber nicht damit gerechnet, dass die Situation eskaliert und das Spiel abgesagt wird. Der Vatikan hat gezeigt, wofür er steht. Gegen Selbstbestimmung und gegen gelebte Homosexualität.

STANDARD: Der FC Mariahilf hat sich lange auf dieses Match vorbereitet. Hatten Sie keine Bedenken?

Louise: Wir sind nicht blauäugig in diese Aktion gegangen. Es war uns bewusst, dass wir damit Gefühle verletzen. Wir wollten uns nicht mit der Rolle abfinden, die uns zugedacht war. Wir hätten uns auf friedliche Zeichen der Toleranz beschränken sollen. Das war uns zu wenig. Wir wollten einen lauten Protest. Dafür mussten wir unsere Beziehung zum eigenen Verein riskieren.

STANDARD: Hat bereits eine Aussprache im Verein stattgefunden?

Louise: Da muss etwas Zeit vergehen. Wir werden das Gespräch suchen. Wir sind offen für den Dialog und stehen dem FC Mariahilf keinesfalls feindselig gegenüber. Wir verantworten, was passiert ist. Das Spiel haben aber nicht wir abgesagt, das war der Vatikan.

STANDARD: Welche Reaktionen haben Sie erfahren?

Louise: Wir haben viel Solidarität gespürt. In Wien und auch international. Es gab aber ebenso Kritik. Wir seien nicht gastfreundlich aufgetreten. Uns war die Höflichkeit aber nicht so wichtig. Hier geht es um mehr als Formalitäten, wir stehen für Rechte ein.

STANDARD: War die Provokation in diesem Rahmen richtig?

Louise: Wer hat hier wen provoziert? Das war unser Platz, das war unser Verein. Und wir hatten eine Situation, in der wir uns nicht mehr wohlgefühlt haben. Der Vatikan ist eine Organisation, die sich dafür einsetzt, die körperliche Selbstbestimmung zu beschränken. Für uns war der Schaden bereits durch die Ansetzung der Partie entstanden.

STANDARD: Aber wie kommen die Spielerinnen des Vatikans dazu?

Louise: Diese Frauen sind nicht aus Versehen im Vatikan. Sie sind nicht die Opfer von Unterdrückung. Sie können auch woanders Fußball spielen.

STANDARD: Hätte man das Thema nicht davor besprechen können?

Louise: Uns war bewusst, dass es keinen Konsens unter der Idee der Toleranz geben kann. Es gab nur die Wahl zwischen Schweigen und lautem Protestieren. Wir haben den Protest vorgezogen. Das ist nicht schön, hier wird keine Harmonie erzeugt. Konflikte machen keinen Spaß. Die tun weh, und die sind anstrengend.

STANDARD: Hätte ein Spiel gegen den Vatikan nicht ebenso ein Zeichen setzen können?

Louise: Dieses Bild wollten wir nicht haben. Wem gegenüber sind wir zur Gastfreundlichkeit verpflichtet? Diese Leute sind als Vatikan aufgetreten und nicht als Individuen. Müssen wir gegenüber einer Organisation gastfreundlich sein, die unser Recht auf freies Lieben und freies Leben einschränken will? Der Vatikan hat durch die Absage klargemacht, dass er Frauen wie mich ablehnt. Dass er unseren Einsatz für unsere Rechte ablehnt.

STANDARD: Man wirft Ihnen Intoleranz vor.

Louise: Eine klassische Täter-Opfer-Umkehr. Wir sind nicht intolerant. Der Vatikan hat gesagt, er spielt nicht auf einem Platz mit Regenbogenfahnen. Man will unseren Protest zunichtemachen.

STANDARD: Würden Sie mit dem heutigen Wissen genauso handeln?

Louise: Wir stehen zu unserer Aktion. Wir haben das gemacht, wir finden das gut. Ich bin froh, dass ich die Zeit nicht zurückdrehen kann. Ich fälle Entscheidungen und bleibe dabei. Das alles hat viel Mut gekostet. Wir haben schließlich alle Angst vor Konfrontation. So werden wir erzogen. (Philip Bauer, 25.6.2019)