Proteste in Berlin.

Foto: APA/Soeder

Es darf nie wieder passieren. Wir werden alles tun, damit sich so etwas nicht wiederholt. Noch gut sind jene Worte in Erinnerung, die von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel abwärts zu hören waren, als sich herausstellte, dass in Deutschland jahrelang die rechtsextreme Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) gemordet hatte. Der Prozess ist gelaufen, Beate Zschäpe sitzt lebenslang im Gefängnis. Doch mit dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke zeigt sich: Der braune Terror ist nicht vorbei.

Zum ersten Mal hat ein Rechtsextremer in Deutschland gezielt einen Politiker ermordet – weil dieser sich für einen menschlichen Umgang mit Flüchtlingen eingesetzt hat. Noch sind viele Fragen offen, etwa ob der geständige Neonazi Stephan E. tatsächlich allein gehandelt hat oder Teil eines Netzwerkes ist.

Auf die Sicherheitsbehörden kommt jede Menge Arbeit zu, und es ist zu hoffen, dass sie es diesmal besser machen als im NSU-Fall. Man konnte sich damals des Eindrucks nicht erwehren, dass die berühmte Blindheit auf dem rechten Auge einigermaßen verbreitet war. Es ist immer noch unfassbar, wie der NSU jahrelang unentdeckt morden konnte, wie der Verfassungsschutz keine Ahnung hatte oder haben wollte.

Verändert hat sich seit dem NSU das politische Klima. Die AfD hetzt im Bundestag und außerhalb, sie hat eine Schärfe in die Debatte gebracht, die diesen Hass gedeihen lässt, und das Internet dient als Brandbeschleuniger. Völlig enthemmt wird dort Schranke um Schranke niedergerissen, auch die niederträchtigsten Gedanken haben freien Lauf. Die Politik muss auch hier ansetzen, der Staat muss Härte gegen alle zeigen: Gegen jene, die "bloß" hetzen genauso wie gegen jene, die sich vernetzen, um den perfiden Worten auch Taten folgen zu lassen. Der Mord an Walter Lübcke ist ein Angriff auf die Demokratie. (Birgit Baumann, 26.6.2019)