Bevor die oder der Neue im Bildungsministerium Platz nimmt, deponieren Lehrer-, Eltern- und Schülervertreter ihre Wünsche.

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Die neue Bildungsministerin Iris Rauskala hat angekündigt, nichts an den Reformvorhaben ihres Vorgängers Heinz Faßmann (ÖVP) ändern zu wollen. Lehrer-, Eltern- und Schülervertreter hätten da schon Ideen. DER STANDARD hat nachgefragt.

Lehrkräfte: "Die Ausbildung der Junglehrer liegt im Argen"

Fragt man Lehrervertreter, was es brauche, um nach den Sommerferien erfolgreich in das neue Schuljahr zu starten, legt es Pflichtschullehrergewerkschafter Paul Kimberger (FCG) neben einigen konkreten Forderungen (Lockerungen bei Noten und Sitzenbleiben für Volksschüler) eher grundsätzlich an. Kimberger ortet einen "viel zu engen Bildungsbegriff", einhergehend mit zu vielen Testungen. Wenn es Selbstverständnis der Schulen sei, sich der "Menschenbildung" zu verschreiben, werde etwa die Pisa-Studie überflüssig.

Zudem bräuchten die ersten Lebensjahre mehr Aufmerksamkeit: mit Förderanreizen für unter Sechsjährige, ähnlich dem Mutter-Kind-Pass, oder Zweierbesetzungen in Volksschulklassen. Auch Kollege Thomas Bulant (FSG) nennt Grundsätzliches ("die Ausbildung der Junglehrer liegt im Argen") wie Konkretes: So dürften die Mittel für sonderpädagogischen Förderbedarf künftig nicht mehr gedeckelt werden – eine Lösung, die er als "Betrug" bezeichnet: Bundesländer mit mehr förderbedürftigen Kindern würden dafür keine Ressourcen bekommen – "die Kinder sind aber trotzdem da".

Eltern: Progressive Politik statt Megafon und Pappschild

Ihre Forderungen seien immer noch "brandaktuell" sagt Sabrina Dorn von der Elterninitiative "Kinderköpfe". Die gibt es, seit Ex-Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) mit seinem Pädagogikpaket Ziffernnoten wie Sitzenbleiben zurück an die Volksschulen geholt hat – ab Herbst tritt die Neuregelung in Kraft. Auch die Deutschförderklassen haben den Ärger der Wiener Eltern auf sich gezogen. Die seien einem rein ideologischen Verständnis von Bildungspolitik geschuldet, glaubt Dorn.

Die mehr als 5.000 Unterschriften, die man bislang dagegen gesammelt hat, will Dorn jetzt der neuen Bildungsministerin Iris Rauskala übergeben. Eine neue Forderung ist hinzugekommen: jene nach einer unabhängigen Schulombudsstelle – für Beratung und Mediation in Konfliktfällen und für Präventionsarbeit. Für die Zeit nach der Nationalratswahl hofft Dorn auf ein "progressiveres Klima" in Sachen Schulpolitik. Oder zumindest auf das Einlösen eines türkis-blauen Wahlversprechens: mehr direkte Demokratie. Denn bislang bleibe einem als engagierter Bürger nur, "mit Megafon und Pappschild" auf der Straße für sein Anliegen zu werben.

Schülervertreter: Projektarbeiten fördern, Lehrer-Feedback einführen

Ginge es nach der Vorstellung von Timo Steyer, dann würde es bald ein weiteres Schulfach geben. "Es braucht ein verpflichtendes Fach 'Politische Bildung'", sagt der Bundesschulsprecher. Schülerinnen und Schüler müssten mehr Informationen über das politische System erhalten, um sich besser eine eigene Meinung bilden zu können. Derzeit geschehe dies im Rahmen des Geschichtsunterrichts. "Dort findet es aber zuwenig Beachtung", klagt Steyer, der noch bis September Österreichs 1,1 Millionen Schülerinnen und Schüler vertritt.

Was außerdem fehlt? Auch die Lehrkräfte bräuchten Feedback. "Die Schüler sollen sagen können, was gut und was weniger gut im Unterricht läuft", findet Steyer. Das Feedback solle digital, anonymisiert und "selbstverständlich konstruktiv" erfolgen. Wichtig sei auch, dass es für alle Lehrkräfte verpflichtend gelten müsse: "Meist sind ja die Lehrer dagegen, die es am dringendsten brauchen."

Steyer fordert außerdem eine "Modernisierung des Lehrplans". Das Fächerdenken gehöre geöffnet, um mehr Raum für Gruppen- und Projektarbeiten zu bekommen. (pm, riss, 27.6.2019)