Berlin – Menschenrechtsaktivisten aus Eritrea werden nach Angaben von Amnesty International nicht nur im Inland schikaniert, verfolgt und inhaftiert, sondern auch im Ausland massiv bedroht. In einem am Donnerstag vorgelegten Bericht dokumentiert die Menschenrechtsorganisation Angriffe und Schikanen in Kenia, den Niederlanden, Schweden, der Schweiz und Großbritannien in den Jahren 2011 bis 2019.

Ausländische Journalisten und UNO-Vertreter sind demnach ebenfalls betroffen. "Die Menschenrechtslage in Eritrea ist katastrophal", erklärte die Eritrea-Expertin bei Amnesty International in Deutschland, Clara Braungart. "Der obligatorische Militärdienst wird willkürlich ausgedehnt und kommt Zwangsarbeit gleich. Jeder Mensch, der bei der Flucht gefasst wird, muss mit sofortiger Inhaftierung in Militärgefängnissen rechnen, wo ihm Folter droht." Auch der 2018 geschlossene Friedensvertrag zwischen Äthiopien und Eritrea habe nicht zu einer Verbesserung der Menschenrechtslage in dem abgeschotteten und autoritär regierten Land geführt.

Jugendflügel der Regierungspartei bedroht Kritiker

"Wer in Eritrea öffentlich die Regierung kritisiert, wird festgenommen und auf unbestimmte Zeit ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert", erklärte Braungart. "Selbst Aktivisten, die ins Ausland geflohen sind, werden von Regierungsvertretern und Unterstützern der amtierenden Regierungspartei angegriffen, diffamiert und bedroht, insbesondere durch den militanten Jugendflügel der Regierungspartei."

Der Amnesty-Bericht dokumentiert unter anderem, wie Kritiker der eritreischen Regierung persönlich und über den Onlinedienst Twitter bedroht und beschimpft oder körperlich angegriffen wurden. Einige erhielten demnach Morddrohungen.

"Eine junge Frau, die sich bei einer Veranstaltung in Oslo für Menschenrechte stark gemacht hatte, erhielt wochenlang Drohanrufe und wurde in den Sozialen Medien mit einer Verleumdungskampagne überzogen", erklärte Braungart. Die UNO-Vertreterin Sheila Keetharuth, die bis 2018 Sonderberichterstatterin für Eritrea war, wurde den Angaben zufolge vom eritreischen Botschafter im Menschenrechtsrat in Genf "verbal attackiert".

Amnesty fordert von der eritreischen Regierung, die Schikanen, Angriffe und Einschüchterungsversuche gegen kritische Stimmen sowohl in Eritrea als auch im Ausland zu beenden. Zudem sollten die Regierungen von Kenia, den Niederlanden, Schweden, der Schweiz und Großbritannien sicherstellen, dass alle Menschenrechtsaktivisten in ihrem Land effektiv geschützt werden. "Vorwürfe von Übergriffen und Drohungen gegenüber Menschenrechtlern müssen untersucht werden", verlangte Amnesty. (APA, AFP, 27.6.2019)