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Im konkreten Fall war der Abschuss legal, einen Freibrief für andere Grundstücksbesitzer in Deutschland stellt das Urteil aber nicht dar.

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Der Fall machte einige Schlagzeilen: Ein deutscher Familienvater sah sich unerwartet damit konfrontiert, dass eine Kameradrohne über seinem Grundstück schwebte. Der Mann griff zum Luftdruckgewehr und "erlegte" das Fluggerät. Der Pilot zeigte ihn wegen Sachbeschädigung an.

Doch das Amtsgericht Riesa ließ den Drohnenbesitzer leer ausgehen. Der Abschuss des 1.500 Euro teuren Gerät sei eine legale Notwehrmaßnahme gewesen, hieß es. Nun liegt das Urteil im Volltext vor und offenbart mehr Details über den Fall.

Drohne auf Zuruf nicht entfernt

Nach Angaben des Vaters hatte nicht erst selbst die Drohne entdeckt, sondern seine Frau, während er in der Garage tätig war. Seine beiden Töchter, drei und sieben Jahre alt, hätten sich von dem Fluggerät, das in einer Höhe von fünf bis 15 Metern mittig über dem von hohen Hecken umgebenen Anwesen geschwebt sein soll, bedroht gefühlt. Die Frau gab zudem an, dass die Drohne sie "verfolgt" habe.

Der Mann habe nicht sofort zu seinem Gewehr gegriffen, sondern zuerst durch Rufen in Richtung der Drohne ihre Entfernung verlangt. Da das aber nichts bewirkt haben soll, habe er schließlich die Waffe geholt. Erst der zweite Schuss sei laut Schilderung ein Treffer gewesen. Die Drohne krachte daraufhin auf das Garagendach und war nach einem Totalschaden nicht mehr zu gebrauchen.

Defensivnotstand

Das Amtsgericht Riesa gestand dem Mann für seine Handlung letztlich einen "Defensivnotstand" zu. Im Urteilstext heißt es dazu unter anderem:

Danach gilt, dass wer eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, um eine durch sie drohende Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, nicht widerrechtlich handelt, wenn die Beschädigung oder die Zerstörung zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist und der Schaden nicht außer Verhältnis zu der Gefahr steht (Defensivnotstand). § 34 StGB tritt hinter dem spezielleren Rechtfertigungsgrund des § 228 BGB in der Regel zurück (Fischer, 65. Auflage 2018, § 34 StGB Rn. 33; BeckOK, 41. Edition 01.02.2019, § 34 StGB Rn. 23). Das führt dazu, dass der im bürgerlich rechtlichen Notstand Handelnde nicht wegen Sachbeschädigung zu bestrafen ist.

Der Abschuss der Drohne wurde unter den gegebenen Umständen für legal befunden, weil auch keine gelinderen Mittel zur Abwendung der "drohenden Gefahr" zur Verfügung gestanden seien. Hinzu kam außerdem, dass nicht davon auszugehen war, dass die Polizei in diesem Fall ausreichend schnell hätte eingreifen können und man gewöhnlicherweise auch nicht mit einer "Aufnahme von oben" rechne.

Der Pilot hingegen habe eindeutig Rechtsbruch begangen, weil er ohne Genehmigung mit einer Kameradrohne über Privatgrundstücke geflogen sei. Auch ein Verstoß gegen die deutsche Luftverkehrsordnung soll vorliegen, da dort das Überfliegen von Wohngrundstücken ohne Genehmigung mit Drohnen, die schwerer als 0,25 Kilogramm sind, verboten wird.

Kein Freibrief

Allerdings ist das Urteil aus Riesa nicht allgemein auf jeden Drohnenflug über Privatgrund anwendbar. In anderen Fällen sei auch eine Flucht vor der Drohne zur Abwendung der Gefahr als verhältnismäßiges Mittel vorstellbar. Dass man hier den Abschuss rückwirkend für rechtens erklärte, hängt auch damit zusammen, "dass der Eingriff vorliegend durch das 'Verfolgen' der Ehefrau des Angeklagten sowie die überaus geringe Höhe des Fluges vorliegend eine deutlich über eine bloße Lästigkeit hinausgehende Intensität" erreicht habe.

Größere Folgen dürfte die Angelegenheit für den Piloten hier aber nicht haben, da seitens der Familie keine Anzeige eingebracht wurde. Er hat sich wegen des Überflugs allerdings selbst angezeigt, ihm droht ein Bußgeld.

Der STANDARD hat eine Anfrage beim Justizministerium gestellt, wie es hinsichtlich des Überflugs privater Grundstücke und etwaiger denkbarer "Notwehrmaßnahmen" in der österreichischen Gesetzeslage aussieht. Die Antworten werden bei Einlangen nachgereicht. (gpi, 27.6.2019)