Thermometer in Europa zeigen Werte an, die bis zu 20 Grad Celsius über den Durchschnittstemperaturen für Ende Juni liegen. Ist die Hitzewelle ein "normales" Wetterphänomen oder Folge des Klimawandels?

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Frage: Hängt die aktuelle Rekordhitzewelle mit dem Klimawandel zusammen? Und wenn ja, wie?

Antwort: Einerseits sind, wie alle Meteorologen und Klimaforscher bestätigen, Hitzewellen natürliche Phänomene, die immer schon vorgekommen sind. Andererseits ist aber auch klar, dass sie durch den Klimawandel häufiger und intensiver werden, wie Marc Olefs, der Leiter für Klimaforschung an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), bestätigt. Dafür gibt es zumindest zwei Gründe: Erstens ist das Temperaturniveau in den letzten Jahrzehnten gestiegen – in Österreich seit Beginn des 20. Jahrhunderts um etwa zwei Grad Celsius. Dadurch ist auch extreme Hitze häufiger geworden. Zweitens gibt es Anzeichen dafür, dass die Wetterlagen mittlerweile länger anhalten als früher. Das bedeutet im Sommer zum Beispiel längere Hitzewellen.

Frage: Wie lange wird die aktuelle Rekordhitze noch anhalten?

Antwort: Laut ZAMG-Prognosen wird es am Wochenende geringfügig abkühlen, ehe es am Montag noch einmal richtig heiß wird. Am Dienstag werden aus aktueller Sicht im Großteil Österreichs Regenschauer und teils heftige Gewitter die extreme Hitze beenden. Ab Mittwoch sind dann in ganz Österreich für Anfang Juli normale Temperaturen zu erwarten.

Frage: Was sind die Gründe dafür, dass Hitzewellen wie die aktuelle länger anhalten können?

Antwort: Darüber sind sich die Forscher nicht ganz einig. Eine der zentralen Fragen, die gerade wissenschaftlich untersucht und heiß diskutiert wird, ist die, ob sogenannte Jetstream-Blockaden aufgrund der globalen Klimaerwärmung häufiger werden. Solche quasi-stationären Rossby-Wellen, die auch dieser Tage für die Hitze sorgen, gehen mit längeren stabilen Wetterlagen und eben auch Extremwetter in Europa einher.

Frage: Gibt es noch weitere Faktoren, die zur Verlängerung der Hitze beitragen können?

Antwort: Durchaus. Wie ZAMG-Forscher Olefs erklärt, können bei Hitzewellen durch die stärkere Verdunstung die Böden austrocknen, was zu einer Verstärkung und Verlängerung der Hitze beiträgt, da der kühlende Effekt der Verdunstung dann immer mehr fehlt. Dies kann sich auch auf Hitzewellen im weiteren Verlauf des Sommers auswirken. Auch Klimaforscher Douglas Maraun (Wegener Center für Klima und globalen Wandel der Uni Graz) kann sich vorstellen, dass durch solche Bodenfeuchte-Rückkopplungen Hitzewellen von diesem Typ in Zukunft länger werden.

Frage: Wie wirkt sich die Hitzewelle auf die heimischen Wälder aus, die schon 2018 stark litten?

Antwort: Grundsätzlich reagieren Wälder auf solche Extremereignisse mit geringeren Zuwächsen, sinkenden Vitalität, reduzierter Abwehrfähigkeit der Bäume und einer Massenvermehrung von Borkenkäfern, erklärt Peter Mayer, Leiter des Bundesforschungszentrums für Wald. Konkrete Zahlen gebe es für das extrem heiße Jahr 2018: Österreichweit wurden Borkenkäferschäden in der Höhe von 5,2 Millionen Kubikmetern gemeldet. Damit wurde der Rekordwert des Jahres 2017 um fast die Hälfte übertroffen.

Frage: Wie gefährlich sind die aktuellen Temperaturen für Menschen?

Antwort: Besonders bedroht sind ältere Menschen, die allein und in relativer Armut leben. Bei dieser Bevölkerungsgruppe fällt die höhere Sterblichkeit am wenigsten auf. Sie wird sich erst im Laufe der Monate in Mortalitätsstatistiken zeigen. Grundsätzlich dürften frühe Hitzewellen zu höheren Opferzahlen führen, wie eine US-Studie nahelegt: Sie kam zum Schluss, dass die Sterblichkeitsrate bei der jeweils ersten Hitzewelle des Jahres mit plus fünf Prozent doppelt so hoch ist als bei Hitzewellen später im Jahr. Der Grund ist vermutlich, dass sich die Menschen dann bereits an die wärmeren Temperaturen gewöhnt haben.

Frage: Welche Temperaturen sind für den weiteren Sommer zu erwarten?

Antwort: Das ist aus heutiger Sicht schwer zu beantworten. Laut der Prognose des britischen Wetterdiensts UK Met-Office werden die Monate Juli bis September in Mitteleuropa relativ normale Temperaturen bringen. Allerdings sind solche saisonalen Vorhersagen grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen. (Klaus Taschwer, 27.6.2019)